14.12.2014 | St. Matthäus 11,2-6 | Dritter Sonntag im Advent
Pfr. Dr. Gottfried Martens

Und wenn das alles nun doch nicht stimmt? Wenn er nun doch auf den Falschen gesetzt hatte? Ganz klar und eindeutig hatte er sich auf die Seite von Jesus gestellt, hatte erkannt, dass Jesus viel mehr war als bloß ein Prophet, er, der Messias, der von Gott gesandte Retter. Mit den Regierenden hatte er sich deswegen angelegt, war schließlich im Gefängnis gelandet, im allerletzten Loch. Und da kommen sie bei ihm hoch, die Fragen, die Zweifel: Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?

Wie gut können sich viele von uns in Johannes den Täufer dort im Gefängnis und in seine Fragen hineinversetzen: Was hatten sie nicht alles in ihrer Heimat riskiert für ihren Glauben an Jesus Christus, hatten Konflikte mit der Regierung in Kauf genommen, ja, mitunter auch Gefängnisaufenthalte und Folter, auf jeden Fall schließlich den Verlust der Heimat, schlimme Erfahrungen auf der Flucht. Und dann kamen sie schließlich hier in Deutschland an, und was erwartete sie hier: Verdreckte Mehrbettzimmer, Bedrohungen durch radikale Muslime, ja, nicht zuletzt die Angst, aus diesem Land wieder abgeschoben zu werden. Ja, wozu das alles? War es das wert? Und was war, wenn sie nun doch auf den Falschen gesetzt hatten, wenn es doch stimmte, was sie in ihrer Heimat immer wieder gehört hatten: Dass Jesus doch nicht der Sohn Gottes war, dass man doch noch auf einen anderen nach ihm warten sollte, auf ihn, Mohammad, den letzten und größten der Propheten?

Was hat Jesus damals gemacht, als ihn die Anfrage von Johannes dem Täufer erreichte? Nein, er hat nicht den moralischen Zeigefinger gehoben, hat ihm nicht ausrichten lassen: Ein anständiger Prophet kennt keine Zweifel, reiß dich zusammen und glaube weiter an mich! Sondern er hat dem Johannes Augen- und Ohrenzeugen geschickt, Menschen, die aus eigener Erfahrung bezeugen konnten: In diesem Jesus erfüllt Gott tatsächlich, was er im Alten Testament seinem Volk versprochen und angekündigt hatte. Menschen, die zu Johannes kamen und ihm ausrichteten, was sie selber mit Jesus erlebt hatten – das war es, was der Johannes damals brauchte.

Und genauso macht es Jesus auch heute noch mit uns: Wenn dir Zweifel kommen, ob er es denn wirklich ist, dieser Jesus, er, der Retter, er, der Sohn Gottes, dann halte dich an die, die gehört und gesehen haben, was er gesagt und getan hat. Wir haben ihre Zeugenaussagen, können sie nachlesen in der Heiligen Schrift. Auf sie verweist uns Jesus, will eben dadurch unseren Glauben stärken. Nein, wir sind nicht auf das angewiesen, was ein selbsternannter Prophet 600 Jahre später über Jesus behauptet hat. Wir haben die Worte derer, die sagen können: Wir haben es gehört und gesehen! Damit stärkt Jesus unseren Glauben, will uns herausreißen aus unseren Fragen und Zweifeln: Stimmt das denn wirklich, oder habe ich auf den Falschen gesetzt?

Nein, das hast du nicht, so ruft es dir Jesus selber in seinem Wort zu – und so rufen es dir Schwestern und Brüder zu, die er, Jesus, dir in deinen Fragen und Zweifeln zur Seite stellt, hier in seiner Gemeinde. Du musst mit diesen Fragen nicht allein bleiben. Du darfst sie aussprechen – und darfst dann von anderen hören, was sie erfahren und erkannt haben, darfst dich von ihren Worten, von ihrem Zeugnis stärken lassen, ja, hier in unserer Gemeinde. Jesus möchte nicht, dass du dich mit deinen Fragen immer nur im Kreis drehst. Es ist gut, wenn du von anderen hörst, was sie über Jesus zu sagen haben, was ihnen im Hören auf ihn deutlich geworden ist. Komm darum immer wieder hierher, wenn du merkst, dass dich Fragen umtreiben, wenn an dir der Zweifel nagt, ob dein Glaube vielleicht doch vergeblich war!

Denn das eine stimmt allerdings auch: Jesus ist nicht einfach die Erfüllung all deiner Wünsche. Jesus ist anders, als wir Menschen uns einen Retter, einen Sohn Gottes vorstellen mögen. Ein Messias, der sich die Windeln vollmacht und in einem stinkenden Futtertrog liegt, ein Messias, der schließlich an einem Kreuz stirbt – das klingt doch absurd, nicht weiter ernst zu nehmen. Genauso hat es auch Mohammad gesehen und darum im Koran so energisch behauptet, dass Jesus in Wirklichkeit natürlich gar nicht am Kreuz gestorben sei.

Doch Jesus sagt etwas Anderes: Selig ist, wer sich nicht an mir ärgert. Selig ist, wer mich nicht an seinen menschlichen Erwartungen misst, sondern dazu bereit ist, die eigenen Erwartungen von mir korrigieren zu lassen! Selig ist, wer es nicht für Quatsch hält, dass ein Messias am Kreuz hängt, sondern der in diesem Kreuz sein Heil, seine Rettung erkennt!

St. Matthäus überliefert uns nicht, wie Johannes der Täufer auf die Nachricht von Jesus reagiert hat. Aber wir, wir durften heute Morgen Zeugen dessen sein, wie 15 junge Menschen ihre Antwort gegeben haben auf diese wichtigste Frage ihres Lebens: Ist Jesus der, den Gott versprochen und gesandt hat, ist Jesus Gottes Sohn – oder sollten wir doch lieber auf einen anderen warten, auf Mohammad, der nach Jesus kam? Alle 15 haben heute Morgen dieselbe Antwort gegeben hier am Taufstein: Nein, wir erwarten nichts mehr von denen, die nach Jesus kommen, wir erwarten nichts von Mohammad, wir sagen uns los von ihm und von seiner Lehre, wir bekennen: Er, Jesus, ist es, er, unser Herr, unser Retter, unser Gott.

Ja, ein unfassliches Wunder ist es, dass Christus diese Menschen zu diesem Bekenntnis geführt hat, dass er ihnen diese Freude und Gewissheit geschenkt hat. Und mit diesem Bekenntnis, mit dieser Freude und dieser Gewissheit stärken sie nun auch wieder uns, wie damals die Jünger des Johannes ihn, den Täufer, gestärkt haben. Ja, Gott geb’s, dass keiner von euch, den Täuflingen, dass keiner von uns, die wir heute Morgen hier in der Kirche sitzen, jemals wieder an Jesus Anstoß nimmt, sondern dass wir alle miteinander unser Leben lang fröhlich bekennen mögen: Du bist es, Jesus, mein Herr und mein Gott. Du bist für mich gestorben und auferstanden. Ich erwarte alles von dir – und von keinem anderen. Amen.