03.04.2008 | 1. Petrus 2, 1-3 (Donnerstag nach Quasimodogeniti)

DONNERSTAG NACH QUASIMODOGENITI – 3. APRIL 2008 – PREDIGT ÜBER 1. PETRUS 2,1-3

So legt nun ab alle Bosheit und allen Betrug und Heuchelei und Neid und alle üble Nachrede und seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil, da ihr ja geschmeckt habt, dass der Herr freundlich ist.

Den „Weißen Sonntag“ haben wir vor einigen Tagen gefeiert. „Weißer Sonntag“ – die weißen Kleider, die unsere Konfirmandinnen bei ihrer Erstkommunion trugen, erinnern noch ein wenig an den Brauch, der diesem Sonntag Quasimodogeniti seinen zweiten Namen gegeben hat:
Da war es früher in der Alten Kirche üblich, dass die Taufen in der Heiligen Osternacht stattfanden – so, wie wir ja auch heute noch in der Heiligen Osternacht meistens eine Taufe haben. Und bei dieser Taufe trugen die Täuflinge weiße Taufkleider zur Erinnerung daran, dass sie in der Taufe Christus anzogen wie ein Gewand. Das Westerhemd, das wir kleinen Kindern bei der Taufe umlegen, ist auch noch eine Erinnerung an diesen alten Brauch. In diesem weißen Kleid empfingen die Neugetauften dann auch den Leib und das Blut ihres Herrn, ja, sie trugen diese weißen Kleider nicht bloß im Gottesdienst, sondern auch noch die ganze folgende Woche, kamen mit ihren Taufkleidern auch am nächsten Sonntag, dem Weißen Sonntag, noch einmal in die Kirche und gaben so diesem Sonntag seinen besonderen Namen.
Aber irgendwann haben sie dann ihre Taufkleider doch wieder ausgezogen. Nein, die Freude über ihre Taufe blieb natürlich, aber nun kehrte der Alltag zurück, nun musste es weitergehen für sie als getaufte Christen – aber wie?
Und genau darum geht es nun in der Predigtlesung dieses Abends: Da schreibt der Apostel Petrus einen Brief an Neugetaufte, an Christen, die auch gerade ihre Taufe hinter sich hatten und genau vor dieser Frage standen, wie es denn nun nach ihrer Taufe weitergehen sollte, wenn die erste Begeisterung, die ersten Eindrücke von der Taufe, von der Erstkommunion, vom Konfirmationssegen hinter ihnen lagen. Darum geht es dem Apostel hier, wie denn nun die nächsten Schritte des Christseins für sie aussehen sollten und konnten.
Ganz aktuell sind diese Worte des Apostels auch für uns: Für manche von uns liegen die Eindrücke von ihrer Taufe, von ihrer Erstkommunion, von ihrer Konfirmation noch gar nicht so lange zurück; für andere ist es schon lange her, seit sie diese Erfahrung gemacht haben. Aber das eine haben wir doch alle gemeinsam: Auch für uns stellt sich immer wieder genau diese Frage, wie es denn nun weitergehen soll, wenn die Taufe, wenn die Erstkommunion, wenn die Konfirmation nicht einfach bloß ein nettes Fest ohne weitere Konsequenzen fürs Leben bleiben sollten.
Und da gebraucht der heilige Petrus hier nun ein schönes Bild: Er erinnert uns daran, wie neugeborene Kinder nach der Muttermilch verlangen, wie sie danach geradezu japsen, wie es für sie immer wieder eigentlich nichts Anderes im Leben gibt, als bloß dies eine: Ich will Milch, die brauche ich, und zwar nicht irgendwann, sondern gleich.
Mit solchen neugeborenen Kindern vergleicht Petrus hier die Neugetauften, an die er schreibt, vergleicht er auch uns. Das Bild ist ja nicht an den Haaren herbeigezogen: Wir sind ja in der Taufe von neuem geboren worden, sind in diesem Sinne alle miteinander neugeborene Kinder Gottes, ganz gleich, wie alt wir auch sein mögen. Nein, Petrus schreibt nicht, dass wir uns wie neugeborene Kinder benehmen sollen, sondern dass wir wie neugeborene Kinder, das heißt auf Lateinisch: Quasimodogeniti, dass wir wie neugeborene Kinder hinter der Milch her sein sollen. Was für Milch ist gemeint? Der Apostel Petrus sagt es hier nicht ausdrücklich, aber im Introitus des vergangenen Sonntags haben wir es gesungen, was der Apostel hier meint: „Wie die neugeborenen Kinder nach Milch, so verlanget nach dem unverfälschten Worte Gottes.“
In der letzten Zeit haben uns immer wieder erschütternde Meldungen erreicht, dass Eltern es allen Ernstes fertigbekommen haben, ihre kleinen Kinder verhungern zu lassen, ihnen nicht genug zu essen zu geben, sodass sie schließlich an Unterernährung starben. Auch die Kirche als unsere geistliche Mutter hat die Aufgabe, ihre Kinder immer wieder reichlich zu versorgen mit der Speise, die sie für ihr geistliches Wachstum, für ihre geistliche Ernährung brauchen, eben mit Gottes Wort, mit dem Evangelium, mit dem Heiligen Mahl. Ja, weh ihr, wenn sie dies nicht täte, wenn sie zwar ein nettes Unterhaltungsprogramm für jedermann präsentieren würde, aber diese geistliche Speise nur sehr dürftig herausrücken würde! Aber nun gilt auch umgekehrt das Andere: Auch wenn ihr, geistlich gesehen, neugeborene Kinder seid, nicht anders als ich selber auch, könnt ihr im Unterschied zu anderen Säuglingen doch laufen, weglaufen und hierher laufen. Und darum muss der Apostel Petrus die Christen, an die er schreibt, muss er auch uns extra ermuntern und auffordern: Seid begierig nach dieser Milch, seid begierig nach dem Wort Gottes. Sonst verhungert ihr nämlich selber geistlich, ohne dass ihr das so richtig merkt. Ja, ihr habt das dringend nötig, dass ihr immer wieder kommt und das Wort Gottes hört, dass ihr dadurch im Glauben gestärkt werdet und wachst. Ja, ihr sollt tatsächlich im Glauben erwachsen, reifer werden, nicht immer nur bei den Anfangsgründen stehen bleiben, sondern vorankommen, euch im Glauben immer besser auskennen, immer besser auch dazu in der Lage sein, mit anderen über euren Glauben zu sprechen. Taufe, Erstkommunion, Konfirmation – nein, sie sind keine Schlusspunkte, sondern damit geht es überhaupt erst richtig los, dass ihr anfangt zu wachsen, geistlich zu wachsen. Und dafür braucht ihr als Speise immer wieder ganz besonders das Heilige Mahl. Ihr habt es ja alle miteinander schon empfangen, habt geschmeckt, dass der Herr freundlich ist, wie Petrus es hier formuliert. Aber auch da gilt: Es ist wichtig, dass ihr auch künftig das Heilige Mahl immer wieder empfangt, dass ihr euch daran in einem guten Sinne gewöhnt, wie man sich in einem guten Sinne auch an regelmäßige Mahlzeiten im Alltag gewöhnen kann und sollte. Ja, auch der Leib und das Blut unseres Herrn gehören mit zu dieser Milch, die ihr braucht, nach der ihr verlangen sollt.
Schwestern und Brüder, keine vernünftige Mutter würde ihrem neugeborenen Kind als erstes Cola zu trinken geben, weil das dem Kind nicht nützen, sondern sogar schaden würde – und kein vernünftiger Erwachsener würde sich nur von Cola ernähren wollen, weil auch ihm das schaden würde. Auch als Christen können wir uns nicht bloß von geistlicher Cola und anderem süßen Zeug ernähren. Nein, wir wachsen nicht dadurch im Glauben, dass wir uns einfach hier und da mal am Unterhaltungsprogramm in der Gemeinde beteiligen. Wir brauchen gute Milch, gute Nahrung, auch wenn sie nicht so süß ist, wir brauchen das Wort Gottes, wir brauchen den Gottesdienst, wir brauchen das Heilige Mahl. Das wird uns helfen, stärker im Glauben zu werden, das wird uns helfen, bei Christus zu bleiben und auch im Alltag immer wieder als Christen zu leben, als Leute, die sich immer wieder daran erinnern, dass sie in der Taufe neue Menschen geworden sind und darum anders leben können, als wenn sie nicht getauft wären. Gott geb’s, dass wir alle miteinander ja nicht an geistlicher Magersucht erkranken, sondern uns immer wieder nach der Speise und dem Trank sehnen, die allein uns sättigen können. Ja, kommt, denn es ist alles bereit! Amen.