03.04.2010 | Kolosser 3, 1-4 (Heilige Osternacht)

HEILIGE OSTERNACHT – 3. APRIL 2010 – PREDIGT ÜBER KOLOSSER 3,1-4

Seid ihr nun mit Christus auferstanden, so sucht, was droben ist, wo Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist. Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott. Wenn aber Christus, euer Leben, sich offenbaren wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit ihm in Herrlichkeit.

„Feiern die Deutschen als Christen eigentlich auch ein Zuckerfest nach dem Fasten wie wir Muslime?“ – So fragte der türkische Vater seinen in Deutschland studierenden Sohn. Der Sohn zögert und überlegt. „Doch, ich glaube schon“, meint er nach einer Pause. „Im Frühjahr kaufen sie Schokoladeneier und Hasen. Sie verstecken sie und lassen sie von den Kindern suchen. Sie hängen auch Hühnereier in die Fenster und Zweige und beten sie an.“
So wie in dieser leider wahren Begebenheit wird unser Osterfest also von außen wahrgenommen: Die Christen feiern ein Zuckerfest mit religiöser Verehrung von Eiern. Nein, zeigen wir bitte nicht mit dem Finger auf andere, dass die scheinbar so blöd sind und nicht wissen, warum denn Ostern in Wirklichkeit gefeiert wird. Fragen wir uns vielmehr selber: Was können denn eigentlich andere Menschen an mir, an meinem Leben davon ablesen, was mir Ostern bedeutet, was für mich der Sinn und Inhalt von Ostern ist? Und da mögen wir dann als halbwegs kirchlich sozialisierte Menschen natürlich gleich antworten: Ostern ist doch kein Zuckerfest, Ostern feiern wir doch die Auferstehung Jesu Christi! Ja, natürlich ist diese Antwort völlig korrekt. Aber für sich genommen leuchtet eine solche Antwort einem Außenstehenden noch nicht unbedingt ein: Nun gut, Jesus ist also angeblich auferstanden. Aber was bedeutet das denn nun für dich, für dein Leben? Was feierst du da denn eigentlich, und warum feierst du es so, wie du es feierst?
Und damit sind wir nun schon mitten drin in der Epistel dieser Osternacht. Denn genau darum geht es auch dem Apostel Paulus, dass dir klar wird, was eigentlich die Auferstehung Jesu mit dir, mit deinem Leben zu tun hat, ja, wie sich das in deinem Leben denn nun auswirkt, dass Jesus auferstanden ist. Wirkt sich das bei dir nur darin aus, dass du jedes Jahr um diese Zeit ein paar Kilo schwerer wirst, weil sich die Schokoladenostereier bei dir in leicht verwandelter Form auf den Hüften niederlassen? Oder hat das mit Ostern und der Auferstehung noch andere Konsequenzen für dich?
Auferstanden ist Jesus. Das klingt so einfach; daran haben wir uns so sehr schon gewöhnt, dass wir uns vielleicht gar nicht mehr klarmachen, was das eigentlich heißt: Jesus war gestorben und ist nicht im Grab geblieben, hat gezeigt, dass er stärker ist als der Tod. Und das allein hat nun allerdings schon sehr direkt mit deinem Leben zu tun. Denn mit dem Tod wirst du eben auch immer wieder konfrontiert, ja der Tod ist, ganz gleich, wie jung oder alt du bist, das entscheidende Problem auch deines Lebens. Nein, ich meine jetzt nicht den Tod auf dem Computerbildschirm, den man mit einem Mouseclick wieder rückgängig machen kann; ich meine den echten, den wirklichen Tod, bei dem es keine Reset-Taste gibt. Den mögen wir gerne aus unserem Alltag verdrängen; doch er holt uns immer wieder ein: Er holt uns ein, wenn wir Abschied nehmen müssen von einem geliebten Menschen, er holt uns ein in unserer ganz alltäglichen Angst, wir könnten in unserem Leben etwas verpassen und nicht genügend mitbekommen; er holt uns schließlich auch ein, wenn wir merken, dass wir älter werden, dass wir manches von dem, was wir vor zehn Jahren noch konnten, so jetzt nicht mehr können, dass sich uns manche Gelegenheiten, die sich uns vor zehn Jahren boten, so jetzt nicht mehr in unserem Leben bieten werden.
Und diesen wirklichen Tod, nicht den Computertod, sondern den echten Tod in unserem Leben, den hat Christus in dieser Nacht besiegt, hat gezeigt, dass er stärker ist als dieser Tod, dass es eine Möglichkeit gibt, der Endgültigkeit des Todes zu entkommen. Und das soll nun auch mit deinem Leben zu tun haben, ja das hat ganz direkt mit deinem Leben zu tun, so schreibt es der Apostel Paulus hier. Gleich dreimal gebraucht er in dieser kurzen Epistel hier die Worte „mit Christus“. Das bedeutet: Das, was mit Christus geschehen ist, das ist auch mit dir passiert und soll auch weiter mit dir passieren. Mit Christus bist du gestorben und auferstanden – ja, das ist schon geschehen, in deiner Heiligen Taufe. Seitdem hast du auch dieses neue Leben, was Christus hat; seitdem ist der Tod am Ende deines irdischen Lebens nicht mehr dein letztes Ende, brauchst du keine Angst mehr davor zu haben, in deinem Leben nicht genug mitzubekommen.
Ja, hör es dir noch mal an, was Paulus hier schreibt: Du bist mit Christus auferstanden. Du hast den Tod schon hinter dir, den Tod, der dich für immer von Gott trennen könnte, der für dich das endgültige Aus gewesen wäre. Du hast schon ein Leben, das nichts und niemand mehr zerstören kann, auch wenn du einmal auf deinem Sterbebett liegen wirst, du hast schon ein Leben, das niemals mehr endet. Ja, das hast du – aber du hast es nicht einfach so, dass du es dir in die Hosentasche stecken kannst und ansonsten dich darum nicht weiter zu kümmern brauchst. Nein, das Leben, das du hast, heißt „Christus“, schreibt der Apostel. Das bedeutet: Du hast das Leben dadurch, dass du mit Christus verbunden bist, dass du mit ihm lebst, dass du dein Leben immer wieder auf ihn ausrichtest. Wenn du dich aus der Verbindung mit Christus ausklinkst, wenn du meinst, ohne ihn in deinem Leben klarzukommen, dann klinkst du dich aus der Verbindung zum wirklichen Leben aus, dann kannst du dich noch so sehr mit Schokoladenostereiern vollstopfen oder deine Wohnung mit Osterhasen schmücken – dann hat Ostern für dich doch seinen eigentlichen Sinn verloren, ja, dann hast du nicht weniger als dein Leben verloren.
Was bedeutet also Ostern für dich? Es bedeutet, dass du mit Christus lebst. Ja, das wird dann hoffentlich auch ein Muslim bei dir bemerken, dass es bei dir zu Ostern nicht um die Anbetung von Hühnereiern geht, sondern dass dir das einfach wichtig ist, bei Christus zu sein, dass dir das einfach wichtig ist, mit ihm immer wieder verbunden zu werden hier im Gottesdienst, hier im Heiligen Abendmahl. Nein, wenn Paulus sagt, dass Christus „oben“ ist, dann meint er ja gerade nicht, dass er da irgendwo im Weltraum rumschwebt. Sondern „oben“ heißt für ihn: Er ist der Chef, der, der alles bestimmt. Und dieser Chef sitzt eben nicht irgendwo abgehoben in seiner Chefetage, sondern der kommt nun auch heute Nacht zu dir, um dir wieder hier an seinem Altar an seinem Auferstehungsleben Anteil zu geben. Und das merken dann hoffentlich auch andere Menschen bei dir, dass das die Kraftquelle für dein Leben ist. Und das wird dann hoffentlich auch ein Muslim bei dir bemerken, dass du als Christ nicht einfach vor dich dahinlebst, sondern darum weißt, dass dein Leben ein Ziel hat, an dem du dich orientierst, dass du dich nicht an dem orientierst, was alle anderen denken und sagen, was deine Freunde sagen, was irgendwelche Zeitschriften sagen, sondern dass für dich nur wichtig ist, was Christus dir sagt und was dir hilft, bei ihm zu bleiben. Nein, Ostern ist nicht morgen oder übermorgen vorbei. Für uns Christen ist das ganze Jahr Ostern, weil wir das ganze Jahr davon leben, dass Christus auferstanden ist, dass er unser Leben, unsere Hoffnung, unsere Zukunft ist.
Ja, ich weiß, noch kann man an uns Christen oft so wenig davon erkennen, wer wir sind: Menschen, die seit ihrer Taufe schon ihre Auferstehung hinter sich haben. Aber der Tag wird kommen, an dem einmal für alle Menschen sichtbar werden wird, auch für alle Muslime, was jetzt schon Realität ist: Dass Ostern bei dir schon stattgefunden hat, dass du jetzt schon mit Christus verbunden bist und mit ihm für immer lebst. Ja, das wird einmal für alle Menschen erkennbar werden, wenn Christus wiederkommen wird. Leb es darum den anderen vor, wie gut wir es als Christen haben, damit die merken: Es geht zu Ostern nicht bloß um ein Zuckerfest. Es geht um dein Leben und um ihr Leben, ja, um Christus, der auferstanden ist, damit du ewig lebst – und die anderen, die jetzt noch nichts davon wissen, hoffentlich auch! Amen.