08.06.2011 | 1. Korinther 12,1-3 | Mittwoch nach Exaudi

Am 2. und 3. Juli findet im Berliner Olympiastadion das World Culture Festival statt. Angeblich bis zu 70.000 Teilnehmer sollen an diesem Wochenende zu diesem Megaevent strömen, das von der Lufthansa, der Deutschen Bahn, der Berliner Zeitung, diversen Berliner Radiosendern und anderen eigentlich seriösen Einrichtungen unterstützt wird, obwohl es sich in Wirklichkeit um eine Werbeveranstaltung eines Mitarbeiters des Sektengründers Maharishi Mahesh Yogi handelt, der sich auch selber wie der Sektengründer als Guru und als „seine Heiligkeit“ anreden und verehren lässt. Doch die Leute werden zu solch einem Ereignis strömen, weil es angeblich dem Weltfrieden und der Verständigung zwischen den verschiedenen Kulturen dient und weil Yoga doch heutzutage in ist, erst recht, wenn es von vielen tausend Menschen gleichzeitig praktiziert wird.

Sri Sri Ravi Shankar ist bereits in Deutschland unterwegs, um für sein World Culture Festival Werbung zu machen. Am vergangenen Samstag trat er auf dem Evangelischen Kirchentag in Dresden geschmackvollerweise in der dortigen Martin-Luther-Kirche auf, gemeinsam mit der Hamburger Pröpstin Ulrike Murmann, und referierte dort zum Thema „Meister des Lebens – ein interspiritueller Dialog“. Er führte aus, dass alle Erdenbürger zu einer Familie gehören und keine Religion die Wahrheit für sich gepachtet habe. Vielmehr solle man aus allen Religionen das Beste nehmen, um so zu einem glücklichen Leben und einer harmonischen Gesellschaft zu gelangen. Einem Pressebericht zufolge war sich der Guru da mit der Hamburger Pröpstin ganz einig; nur seine Botschaft, dass man mit der richtigen Atemtechnik die ganze Welt verändern könne, leuchtete ihr nicht so ganz ein. Doch das änderte nichts an der großen Zustimmung, die der Guru mit seiner Weltfriedensbotschaft auch auf dem Kirchentag fand, zumal er sich, wie es in dem Pressebericht so schön hieß, schließlich auch noch als Jesusfan outete.

Sollten wir also vielleicht auch am 2. und 3. Juli ins Berliner Olympiastadion pilgern und zum Spottpreis von 70 Euro an diesem Megaevent teilnehmen? Schließlich wird es doch von einem Jesusfan geleitet, und schließlich vermag dieser Herr die Massen ganz offenkundig zu begeistern! Und wo Menschen sich von solch einer spirituellen Persönlichkeit begeistern lassen, da wird ja wohl der Heilige Geist auch am Werk sein, oder?

Genau damit, Schwestern und Brüder, sind wir nun schon mitten drin in der Predigtlesung dieses Abends. Denn eben mit dieser Frage hatte sich damals auch schon der Apostel Paulus auseinanderzusetzen, ob Begeisterung ein Zeichen für das Wirken des Heiligen Geistes ist und ob umgekehrt der Heilige Geist in seinem Wirken daran erkannt werden kann, dass er Begeisterung bei den Menschen hervorruft. So ähnlich stellten sich das offenbar viele Christen in Korinth vor: Wenn jemand wirklich den Heiligen Geist empfangen hat, dann äußert sich dieser Besitz des Heiligen Geistes auch darin, dass der, der den Heiligen Geist hat, auch voller Begeisterung in Ekstase gerät und damit zeigt, was für eine Kraft der Heilige Geist auch in seinem Leben entfaltet.

Doch der heilige Paulus versucht die Korinther hier in seinem Brief erst einmal wieder herunter auf den Teppich zu bekommen. Er verweist zunächst einmal darauf, dass Begeisterung und Ekstase nicht unbedingt etwas Christliches sein müssen: Begeisterung und Ekstase gibt es auch in anderen Religionen, so macht er es hier deutlich, ja, gerade auch in den Religionen, denen ihr angehörtet, bevor ihr Christen geworden wart, so spricht er die Christen in Korinth hier ganz direkt an. Wenn es im Glauben wirklich nur darum ginge, glücklich und begeistert zu sein, dann hättet ihr euch eure Taufe auch schenken können, so zeigt es der Apostel den Korinthern hier; das können andere Religionen auch bieten.

Ja, wenn der Apostel hier davon spricht, dass es die Korinther, als sie noch Heiden waren, mit Macht zu den stummen Götzen zog, dann macht er sogar auf noch mehr aufmerksam: Mächte und Kräfte gibt es in der Tat auch in anderen Religionen – nur ziehen diese Mächte und Kräfte eben nicht zu Christus hin, sondern von ihm weg, haben eben nicht göttlichen, sondern widergöttlichen Charakter. Massenbegeisterung muss eben gerade kein Zeichen für das Wirken des Heiligen Geistes sein, sondern kann auch Ausdruck von dämonischem Wirken sein – man denke nur an die Begeisterung der Massen auf den Reichsparteitagen der NSDAP! Nicht immer müssen sich die Dämonen dann so offenkundig austoben, wie sie es damals im Dritten Reich getan haben; ihr Ziel aber ist und bleibt immer wieder dasselbe: Menschen von Christus wegzuziehen. Und das erreichen sie eben auch, wenn Menschen Religion tatsächlich nur noch als ein Mittel zum persönlichen Glücklichwerden ansehen, wenn sie sich ihren eigenen Religionscocktail zusammenbrauen, in dem Jesus als großer Weisheitslehrer nur noch ein Element unter vielen ist. Ja, geistlich gefährlich ist es auch, wenn Menschen Religion nur noch in der Form von begeisternden Massenveranstaltungen akzeptieren, aber vom alltäglichen Leben in einer christlichen Gemeinde eigentlich nichts wissen wollen. Da macht es dann letztlich auch keinen Unterschied, ob man dem indischen Guru nun auf dem Kirchentag in Dresden oder im Olympiastadion in Berlin zuhört. Der Geist der Verführung ist überall am Werk, wo die Christusbotschaft durch ein allgemeines Gefühl der religiösen Begeisterung ersetzt wird.

Paulus gibt den Christen in Korinth einen ganz klaren Maßstab an die Hand, an dem sie erkennen können, ob in einer Versammlung wirklich der Heilige Geist oder ein anderer Geist am Werk ist: Dort wirkt der Heilige Geist, wo Menschen bekennen: Jesus ist der Herr. Nun muss man allerdings wissen, was das bedeutet: Das Bekenntnis „Jesus ist der Herr“ heißt nicht bloß, dass ich Jesus irgendwie gut finde oder mich gar, wie jener indische Guru, als Jesusfan oute. Ich kann Jesus auch einfach nur als großen Lehrer oder Propheten verehren, kann staunen über seine große Weisheit und Menschlichkeit. Doch all das ist noch nicht christlich, ist noch nicht Ausdruck des Wirkens des Heiligen Geistes. Sondern der zeigt sich da, wo Menschen sagen: Jesus ist der Herr, und das heißt eben nicht weniger als dies: Jesus ist Gott, der Herr aller Herren, er ist der, vor dem einmal alle Menschen niederfallen und den sie anbeten werden. Da geht es dann eben nicht mehr darum, aus verschiedenen Religionen das Beste herauszusuchen, da geht es nur um die eine letzte Entscheidung: Erkenne ich Jesus als meinen Herrn und Gott an und falle vor ihm nieder, oder verweigere ich ihm diese Anerkennung und stelle mich damit letztlich doch auf die Seite derer, die sagen: Jesus sei verflucht!?

Wenn bei religiösen Großveranstaltungen von allem möglichen Netten geredet wird, aber nicht Jesus Christus als Herr und Gott anerkannt und angebetet wird, da mag die Begeisterung bei solchen Veranstaltungen noch so groß sein: Gottes heiliger Geist ist es dann jedenfalls nicht, der diese Begeisterung wirkt. Und wenn umgekehrt in einer christlichen Gemeinde auch nur zwei oder drei zusammenkommen und in der Liturgie, im Gebet, Jesus als ihren Herrn und Gott preisen, dann ist der Heilige Geist dort am Werk, auch wenn in solch einer kleinen Versammlung vielleicht gar keine großen Gefühle der Begeisterung aufkommen.

Darum werden wir am 2. und 3. Juli eben nicht im Olympiastadion sitzen oder dort irgendwelche Yogaübungen vollziehen, sondern werden in unserer Gemeinde Gottesdienste feiern, ihn, Christus, den Herrn unseres Lebens, den Herrn der Kirche und den Herrn der Welt feiern, an dem sich bis zu seiner Wiederkunft die Geister scheiden werden und der doch zugleich, so werden wir es nun zu Pfingsten wieder feiern, sich in der Tat eine Gemeinde aus allen Völkern und Kulturen sammelt, eine Gemeinde, die weltweit geeint ist durch denselben Geist, den ein jeder in der Taufe empfangen hat, und die weltweit geeint ist durch dasselbe Bekenntnis: Ich glaube an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, der vom Vater geboren ist vor aller Zeit und Welt: Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrhaftigen Gott vom wahrhaftigen Gott. Ja, darüber wollen wir keinen in Unwissenheit lassen. Amen.