17.01.2013 | St. Lukas 12,49-53 | Donnerstag n. d. Fest der Taufe Christi

Getauft zu werden kann höllisch weh tun. Davon kann Jesus ein Lied singen. Mit schnellen Schritten geht er seinem Tauftag entgegen, und er weiß: Diese Taufe wird ihn das Leben kosten, sein Blut, vergossen am Kreuz.

Es ist gut, dass uns Jesus heute Abend hier in unserer Predigtlesung daran erinnert, was eine Taufe in Wirklichkeit ist: keine nette, harmlose Familienfeier, kein feierlicher Aufnahmeritus zum Kircheneintritt. Sondern getauft zu werden, bedeutet zu sterben. Das gilt für Jesus, und das gilt auch für uns, wenn auch noch einmal in einer anderen Weise. Ihm, Jesus, hat die Taufe so richtig weh getan; sie bedeutete für ihn den leiblichen Tod, ja, mehr noch: das Strafgericht Gottes über die Sünde der ganzen Welt, die auf ihm, Jesus, lag. Und an diesem Tod Jesu haben nun auch wir Anteil erhalten in unserer Taufe, sind dort mit Christus gestorben, ja, gottlob nicht so qualvoll wie er, sondern unendlich gnädig, weil er, Jesus, am Kreuz erlitten hat, was wir um seinetwillen niemals mehr werden erleiden müssen. Aber gestorben sind wir dort eben auch, haben das Leben ohne Christus hinter uns zurückgelassen – und das heißt: Wir passen nun als Getaufte nicht mehr so einfach und glatt in diese Welt hinein; da wird es immer wieder Konflikte geben zwischen denen, die den Tod in ihrer Taufe schon hinter sich gelassen haben, und denen, die den Tod noch vor sich haben und die letztlich oftmals kaum ahnen, was das eigentlich für sie bedeutet.

Schockierend klingt das, was Jesus hier seinen Jüngern ankündigt: „Meint ihr, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern Zwietracht.“ Noch bildhafter drückt es Jesus im Matthäusevangelium aus: „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ Kein Wunder, dass mich meine persischen Taufbewerber in der persischen Bibelstunde auf dieses Wort gleich ansprachen, als sie es in ihrer Bibel gelesen hatten: Wie kann das sein, dass Jesus nicht Frieden, sondern das Schwert bringt? Das klingt doch genauso wie im Koran!

Doch gerade an diesem Wort Jesu kann man nun sehr schön deutlich machen, dass die Botschaft Jesu in Wirklichkeit eben doch eine ganz andere ist als die Mohammeds: Jesus fordert seine Jünger hier nicht dazu auf, anderen Menschen mit dem Schwert, mit Gewalt den Glauben an ihn aufzunötigen. Im Gegenteil: Christen werden durch die Taufe hineingezogen in die Leidensgemeinschaft mit ihrem Herrn, führen nicht selber das Schwert in der Hand, sondern müssen die Schärfe des Schwertes erfahren, wenn sie sich zu Jesus Christus als ihrem Herrn bekennen. Jesus verspricht denen, die zu ihm gehören, kein problemloses, sorgenfreies Leben, ganz im Gegenteil: Jede Menge Ärger verspricht er denen, die durch die Taufe schon zu seiner neuen Welt gehören und doch zugleich immer noch mit beiden Beinen hier auf dieser Erde stehen. Das mit dem Schwert kann durchaus ganz wörtlich und direkt gemeint sein. Genau so erleben es auch jetzt in diesen Tagen und Wochen wieder unzählige Christen vor allem in muslimischen Ländern. Da kann es dann durchaus auch geschehen, dass einem der Kopf regelrecht abgeschnitten wird, wenn man dabei erwischt wird, dass man als Muslim zum Glauben an Jesus Christus gefunden hat. Und da kann es allemal geschehen, dass man auf andere Weise sein leibliches Leben verliert, wenn man bei dem bleibt, der für uns die Todestaufe am Kreuz erlitten hat. Und wenn es nicht gleich der Tod ist, dann können es allemal Gefängnis, Folter und andere Schikanen sein, die auf einen warten, wenn man sich zu dem bekennt, der eben nicht dazu gekommen ist, uns ein bisschen Seelenfrieden und religiöse Unterhaltung zu bieten.

Schwer ist es für Christen, in solchen Situationen standhaft zu bleiben. Und noch schwerer ist es für sie, wenn sie miterleben müssen, wie der Riss quer durch die Familie geht, wenn sie miterleben müssen, wie das die eigene Familie zerreißt, wenn ein Teil sich zu Jesus Christus bekennt und der andere Teil dieses Bekenntnis umso vehementer ablehnt. Ja, das kenne ich auch aus Gesprächen hier in unserer Gemeinde, dass Taufbewerber mir erzählen, dass sie genau wissen, dass ihre eigenen Eltern nicht mehr mit ihnen sprechen werden, wenn sie sich taufen lassen, dass engste Familienangehörige sich von ihnen abwenden werden. Das ist schwer, dann dennoch diesen Schritt zu gehen, in der eigenen Familie vielleicht ganz allein dazustehen.

Und dazu muss man ja nicht mal aus dem Iran kommen. Das erlebe ich auch ansonsten immer wieder in der Gemeinde, wie Konfirmanden und Jugendliche mit ihren Eltern in Konflikt geraten, wenn sie zur Kirche gehen wollen und sie, die Eltern, dadurch ihre Wochenendruhe gestört sehen. Das erlebe ich immer wieder, wie schwer das für einen Menschen sein kann, der Christ wird, wenn er eine Familie um sich hat, die für diesen Schritt gar kein Verständnis zeigt.

Ja, erstaunlich aktuell ist das, was Jesus seinen Jüngern hier ankündigt. Er kündigt nicht an, dass im Laufe der Kirchengeschichte Kirche und Gesellschaft immer mehr eins werden, sodass dadurch letztlich alle Konflikte aufgehoben werden. Und sein Bild von Kirche ist nicht das eines kleinen, geschlossenen Kreises, in dem der Glaube als eine Art von Familienerbstück von Generation zu Generation weitergegeben wird. Jesus kündigt den Christen ein Leben in einer Minderheitensituation an, von außen bedrängt und von innen angefochten.

Ach, Schwestern und Brüder, ahnen wir es, wie gut wir es haben, wenn uns solche Kämpfe in unserer Mitte, in unserer Familie erspart bleiben? Das ist nicht die Normalsituation, das ist ein besonderes Geschenk, eine Ausnahmesituation.

Trösten will Jesus all diejenigen, die die Normalsituation erleben – mit Kämpfen, mit Rissen quer durch die Familie hindurch: Seid nicht überrascht und irritiert, sagt er, ich habe es euch doch schon längst vorher angekündigt, dass dies so kommen wird.

Und noch einen anderen Trost vermittelt uns Jesus hier: Was nach seinem Tod kommen wird, ist wie ein Feuer, dessen Lauf man nicht wird aufhalten können. Ja, wie ein Lauffeuer wird sich die gute Nachricht von seinem Tod und seiner Auferstehung überall verbreiten – und was Menschen auch unternehmen mögen, um diese Botschaft zum Schweigen zu bringen: Sie werden es nicht schaffen.

Wir mögen in diesen Tagen die Bilder von den verheerenden Buschbränden in Australien vor Augen haben, denen gegenüber der Mensch immer wieder so klein und hilflos erscheint. Wenn Jesus von dem Feuer spricht, das er mit seinem Tod und seiner Auferstehung entzündet, dann droht er hier nicht, dann kündigt er hier gerade nicht Tod und Vernichtung an. Das Feuer, das er anzündet, bringt nicht den Tod, sondern das Leben denen, die von diesem Feuer erfasst werden. Doch auch dieses Feuer können wir Menschen oft so herzlich wenig steuern und kontrollieren und aufhalten. Genau das erleben wir ja zurzeit in unserer Gemeinde. Wir würden dieses Feuer, das Christus, unser Herr, auch in unserer Mitte entzündet hat, so gerne in kontrollierte Bahnen lenken, würden so gerne daraus ein kleines, gemütliches Kaminfeuer machen. Doch das schaffen wir eben nicht. Das Feuer des Evangeliums, es bricht sich Bahn, unaufhaltsam und immer wieder überraschend. Die Feinde Christi können es nicht aufhalten, und wir sollten es erst recht nicht versuchen. Denn Jesus sehnt sich doch danach, es brennen zu sehen, auch hier bei uns. Er weiß, wie wichtig es ist, dass dieses Leben spendende Feuer immer noch mehr Menschen erfasst. Und die, die das Feuer erfasst hat, die können dann gar nicht anders, als auch Konflikte in Kauf zu nehmen, eben weil sie um die Macht dessen wissen, der dieses Feuer entzündet hat. Gott geb’s, dass wir wissen, dass wir in der Familie Gottes alle miteinander zusammengehören auf der Seite unseres Herrn. Ja, Gott geb’s, dass sich bei uns immer wieder erfüllt, was das sehnlichste Verlangen unseres Herrn ist: „Ich bin gekommen, ein Feuer anzuzünden auf Erden; was wollte ich lieber, als dass es schon brennte!“ Amen.