Altes Testament Teil II: Die Propheten.

Altes Testament Teil II: Die Propheten.

 

Propheten sind „Männer, die als Boten Gottes vor die Öffentlichkeit traten und den Anspruch erhoben, als Verkünder einer Botschaft von Gott, die sie in der Form von Botensprüchen vorbrachten, gehört zu werden. Wir kennen zu dieser Erscheinung der ‚Prophetie’ kein wirkliches Gegenstück aus der Geschichte der Menschheit. Diese Botenstimme erhob sich nur in Israel“ (Martin Noth). Von dem Wirken der ersten Propheten in Israel berichten die Geschichtsbücher: von dem Propheten Nathan, der zu David kam, oder von dem Propheten Elia, der den Baalskult im Nordreich Israel bekämpfte. Die Verkündigung der Propheten, die ab der Mitte des 8. Jahrhunderts in Israel und Juda  und später auch im babylonischen Exil auftraten, ist schriftlich festgehalten worden in den Prophetenbüchern – entweder von den Propheten selber oder von ihren Schülern und Hörern. Im Alten Testament finden wir drei große Prophetenbücher (Jesaja, Jeremia und Hesekiel) und zwölf kleine Prophetenbücher, die in der hebräischen Bibel zu einem einzigen Buch, dem „Zwölfprophetenbuch“, zusammengefaßt sind. Das Buch „Daniel“ zählt in der hebräischen Bibel nicht zu den Prophetenbüchern, sondern zu den „Schriften“, über die im nächsten Teil berichtet werden wird.

Um die Botschaft der Propheten recht verstehen zu können, muß man stets den geschichtlichen Zusammenhang bedenken, in den sie hineingesprochen haben. Einige der Propheten, besonders die früheren, kündigen vor allem das kommende Strafgericht Gottes über sein Volk an,  die Eroberung des Landes und die Deportation der Bevölkerung, weil Israel von Jahwe, seinem Gott, abgefallen ist, sich anderen Göttern zugewandt hat und Gottes Gebote zum Schutz der Schwachen in der Gesellschaft mißachtet. Auch bei diesen „Unheilspropheten“ findet sich jedoch zumeist ein Ausblick auf Gottes gnädiges, heilvolles Handeln nach dem Gericht. Die späteren Propheten kündigen unter dem Eindruck der bevorstehenden oder erfolgten Zerstörung Jerusalems einen Neuanfang an, den Gott mit seinem Volk schaffen wird. Als Christen erkennen wir, wie sich diese Ankündigungen im Kommen Jesu Christi erfüllt haben. In allen Fällen sind die Propheten weit mehr als bloß „Wahrsager“, die Aussagen über die Zukunft treffen; sie reden vielmehr unmittelbar im Auftrag Gottes in die Gegenwart des Volkes hinein. Zielgruppe der Verkündigung der Propheten ist im wesentlich das Volk Gottes selber; doch finden sich bei einigen Propheten auch Ankündigungen des Strafgerichts Gottes gegen andere Völker. Bald nach der Rückkehr der Israeliten aus dem babylonischen Exil erlischt die Prophetie in Israel; sie lebt dann erst wieder in der Person Johannes des Täufers auf.
 

1. Jesaja
Der Prophet Jesaja wirkte in Jerusalem etwa von 740-700 v. Chr.. Seine Berufung im Tempel schildert er selber in Jes 6. Die Kapitel 1-12 bilden eine Zusammenfassung seiner Verkündigung: Im Auftrag Gottes predigt er gegen die Mißachtung der Gebote Gottes und die sozialen Mißstände in Juda und beschreibt im „Weinberglied“ in Jes 5 die Enttäuschung Gottes über sein Volk. Jesaja ruft den König und das Volk dazu auf, sich auch in allen militärischen Bedrohungen allein auf Gott und nicht auf die eigene kriegerische Stärke zu verlassen: „Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht.“ (Jes 7,9) Folge des Ungehorsams Israels wird sein, daß „die Städte wüst werden, ohne Einwohner, und die Häuser ohne Menschen“ (Jes 6,11) Zugleich kündigt Jesaja das kommende Heil für sein Volk mit Worten an, die uns aus den Weissagungen der Christvesper wohlbekannt sind: „Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel.“ (Jes 7,14) „Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter.“ (Jes 9,5) „Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen.“ (Jes 11,1) Die Kapitel 13-23 enthalten Gerichtsworte Jesajas gegen andere Völker. Nach einem Ausblick auf die Zukunft, das Ende der Welt, in Jes 24-27, der sogenannten „Jesaja-Apokalypse“, folgen in Jes 28-32 wieder Gerichtsworte gegen das eigene Volk Israel-Juda. Der erste Teil des Jesajabuchs schließt in den Kapiteln 36-39 mit einem Bericht von der Belagerung Jerusalems durch die Assyrer und seiner Errettung im Jahr 701.

Die Kapitel 40-55 des Jesajabuchs sprechen in eine völlig andere Situation hinein: Adressat dieser Worte sind die Israeliten im babylonischen Exil, die bereits jegliche Hoffnung auf ihre Rettung und Rückkehr aufgegeben haben. Ihnen verkündigt der Prophet im Auftrag Gottes, daß sie von Gott nicht verlassen und vergessen sind, sondern daß sie nach der Eroberung Babylons durch den Perserkönig Kyros in die Heimat zurückkehren werden – in einem neuen Auszug, der den damaligen Auszug aus Ägypten noch überbieten wird. Von dem Propheten, der diese Worte vermutlich 150 Jahre nach Jesaja verkündigt hat, wissen wir persönlich so gut wie gar nichts; er tritt als Person fast völlig hinter seiner Botschaft zurück; in der Fachsprache wird er häufig als „Zweiter Jesaja“ bezeichnet, da seine Worte wegen des Fehlens einer eigenen Überschrift direkt an die Kapitel 1-39 des Jesajabuches angefügt wurden. „Das Trostbuch von der Erlösung Israels“, wie diese Kapitel in der Lutherbibel überschrieben werden, gehört zu den schönsten und wichtigsten Abschnitten des Alten Testaments für uns Christen, auch wenn die Worte zunächst einmal an das jüdische Volk im Exil gerichtet sind. Immer wieder findet sich in diesen Kapiteln der Ruf „Fürchte dich nicht!“, zum Beispiel in dem Wort: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jes 43,1) Nicht die babylonischen Götter haben die Macht; im Gegenteil verkündigt der Gott Israels durch den Propheten: „Ich bin der Erste, und ich bin der Letzte, und außer mir ist kein Gott.“ (Jes 44,6) Die Kapitel 40-55 werden durchzogen von vier sogenannten „Gottesknechtsliedern“, in denen den Hörern und Lesern eine Person vor Augen gestellt wird, die im Auftrag Gottes die Erlösung und Rettung für Israel und die Völker bringt. In diesen Gottesknechtsliedern wird uns Christus so deutlich wie sonst kaum an einer anderen Stelle im Alten Testament vor Augen gestellt: „Siehe, das ist mein Knecht – ich halte ihn – und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat“ (Jes 42,1). „Ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, daß du seist mein Heil bis an die Enden der Erde.“ (Jes 49,6) „Ich bot meinen Rücken dar denen, die mich schlugen, und meine Wangen denen, die mich rauften. Mein Angesicht verbarg ich nicht vor Schmach und Speichel.“ (Jes 50,6) „Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“ (Jes 53,4+5)

Das Trostbuch schließt mit einer Schilderung der Wirksamkeit des Wortes Gottes, die für die Botschaft aller Propheten und auch für die Verkündigung der christlichen Kirche zutrifft: „Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende.“ (Jes 55,11)

Die Kapitel 56-66 sprechen wieder in eine andere Situation hinein: Adressaten sind nunmehr die Israeliten, die aus dem Exil nach Jerusalem zurückgekehrt sind und darüber enttäuscht sind, daß die Lebensumstände dort nun zunächst so primitiv und bedrückend sind. Die Israeliten werden aufgefordert, sich nunmehr konsequent an Gottes Geboten zu orientieren; zugleich wird ihnen eine wunderbare Zukunft verheißen: „Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir.“ (Jes 60,1) „Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, daß man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird.“ (Jes 65,17) Wie die Israeliten im Exil das Wort vernahmen „Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott“ (Jes 40,1), so steht auch hier am Ende das Wort „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ (Jes 66,13)
 

2. Jeremia
Jeremia wirkte, wie Jesaja, im Südreich Juda etwa 100 Jahre nach Jesaja. Nach seiner Berufung im Jahr 626 erlebte er die letzte Blütezeit des Kleinstaats Juda und schließlich seinen Untergang und die Zerstörung Jerusalems; insgesamt hat er über 40 Jahre als Prophet gewirkt. Jeremia wird von Gott beauftragt, dem Volk im Tempel die kommende Zerstörung Jerusalems und des Tempels anzukündigen: „So spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels: Bessert euer Leben und euer Tun, so will ich bei euch wohnen an diesem Ort. Aber nun verlaßt ihr euch auf Lügenworte, die zu nichts nütze sind. Ihr seid Diebe, Mörder, Ehebrecher und Meineidige und opfert dem Baal und lauft fremden Göttern nach, die ihr nicht kennt. Und dann kommt ihr und tretet vor mich in diesem Hause, das nach meinem Namen genannt ist, und sprecht: Wir sind geborgen, – und tut weiter solche Greuel. Haltet ihr denn dies Haus, das nach meinem Namen genannt ist, für eine Räuberhöhle?“ (Jer 7,3.8-11) Mit dieser Verkündigung macht sich Jeremia natürlich jede Menge Feinde in den führenden Schichten des Volkes, aber auch in der Bevölkerung insgesamt. Selbst seine Familie wendet sich von ihm ab und versucht ihn umzubringen, um sich mit ihm nicht länger zu blamieren. Immer wieder wird Jeremia verhaftet und muß um sein Leben fürchten, denn gerade während der letzten Jahre der Bedrohung Jerusalems durch die Babylonier galt seine Ankündigung der Zerstörung Jerusalems und des Tempels und die Ankündigung eines längeren Aufenthalts der ersten Gruppe, die ins babylonische Exil verschleppt worden war, natürlich als Wehrkraftzersetzung. Bei Jeremia werden Person und Botschaft immer mehr eins: Er selber erleidet persönlich das Geschick des Wortes, das er verkündigt. Die Leidensgeschichte Jeremias wird in Berichtsform in Jer 26-29 und in Jer 36-45 geschildert. Jeremia selber beschreibt seine Erfahrungen in den sogenannten „Konfessionen Jeremias“ in Jer 11; 15; 17; 18 und 20. Erschütternde Aussagen finden wir darin: „Siehe, sie sprechen zu mir: ‚Wo ist denn des HERRN Wort? Laß es doch kommen!’ Aber ich habe dich nie gedrängt, Unheil kommen zu lassen; auch hab ich den bösen Tag nicht herbeigewünscht, das weißt du.“ (Jer 17,15+16) „HERR, du hast mich überredet, und ich habe mich überreden lassen. Du bist mir zu stark gewesen und hast gewonnen; aber ich bin darüber zum Spott geworden täglich, und jedermann verlacht mich. Verflucht sei der Tag, an dem ich geboren bin; der Tag soll ungesegnet sein, an dem mich meine Mutter geboren hat.“ (Jer 20,7.14)

Der ganze erste Teil des Jeremiabuches (Jer 1-25) enthält Gerichtsworte Jeremias gegen sein eigenes Volk. Dagegen finden wir in den Kapiteln 30-33 auch die Ankündigung künftigen Heils für das Volk Gottes: „Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen. Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.“ (Jer 31,31-34) „In jenen Tagen und zu jener Zeit will ich dem David einen gerechten Sproß aufgehen lassen; der soll Recht und Gerechtigkeit schaffen im Lande.“ (Jer 33,15) Das Jeremiabuch schließt mit Gerichtsworten gegen andere Völker und einem Bericht über die Zerstörung Jerusalems.
 

3. Hesekiel
Der Priester Hesekiel (Ezechiel, abgekürzt Ez) gehörte zur Gruppe derer, die 597 in einem ersten Deportationsschub von den Babyloniern aus Jerusalem nach Babylon verschleppt wurde. In den ersten 24 Kapiteln seines Buches wird seine Verkündigung an die Israeliten in Babylon vor der endgültigen Zerstörung Jerusalems beschrieben: Macht euch keine falschen Hoffnungen; Israel ist von Gott abgefallen. Wegen seines Götzendienstes wird Jerusalem erobert und der Tempel zerstört werden. Diese Botschaft muß Hesekiel mit drastischen Zeichenhandlungen unterstreichen: So darf er zum Beispiel über den Tod seiner Frau nicht trauern – als Zeichen für die Reaktion der Israeliten im Exil auf die Nachricht von der endgültigen Eroberung Jerusalems. Nach einer Sammlung von Gerichtsworten Hesekiels gegen die Nachbarvölker Israels in den Kapiteln 25-32 wird in Ez 33,21 schließlich geschildert, wie Hesekiel die Nachricht vom Fall Jerusalems überbracht wird. Daraufhin fängt Hesekiel nun an, das kommende Heil für Israel zu verkündigen: „Ich will ihnen einen einzigen Hirten erwecken, der sie weiden soll, nämlich meinen Knecht David. Der wird sie weiden und soll ihr Hirte sein.“ (Ez 34,23) „Ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben“ (Ez 36,26). Als Lesung aus der Osternacht ist uns schließlich auch die Ankündigung der Auferweckung der Gebeine des Volkes Israel in Ez 37 bekannt. Das Buch schließt in den Kapiteln 40-48 mit einer Vision des neuen Tempels in Jerusalem. 

Beeindruckend ist die Schilderung der Berufung Hesekiels in den ersten drei Kapiteln: Hesekiel erfährt, daß Gott seine Gegenwart nicht an den Tempel in Jerusalem bindet, sondern mit seiner Herrlichkeit zu den Exilierten nach Babylon kommt; dann wird er von Gott selber zum Wächter bestellt: „Wenn ich dem Gottlosen sage: Du mußt des Todes sterben! und du warnst ihn nicht und sagst es ihm nicht, um den Gottlosen vor seinem gottlosen Wege zu warnen, damit er am Leben bleibe, – so wird der Gottlose um seiner Sünde willen sterben; aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern. Wenn du aber den Gottlosen warnst und er sich nicht bekehrt von seinem gottlosen Wesen und Wege, so wird er um seiner Sünde willen sterben, aber du hast dein Leben errettet.“ (Ez 3,18.19) Unter dieser Verantwortung stehen bis heute diejenigen, die von Gott ins Amt der Kirche gerufen werden. Zugleich macht Hesekiel in seiner Verkündigung ganz deutlich: Es gibt bei Gott keine Kollektivhaftung: Jeder einzelne hat vor Gott für die Folgen seiner eigenen Schuld geradezustehen (Ez 18).
 

4. Das Zwölfprophetenbuch
4.1. Hosea
Hosea ist der einzige alttestamentliche Prophet, der aus dem Nordreich  Israel stammt. Er wirkte dort in der zweiten Hälfte des achten Jahrhunderts v. Chr. und kündigte als Strafgericht Gottes die Eroberung des Nordreichs durch die Assyrer an, die dann auch tatsächlich im Jahr 722 geschah. Als Zeichen für die Untreue Israels, das neben Jahwe auch kanaanitische Fruchtbarkeitsgötter verehrte, muß Hosea eine Prostituierte heiraten und mit ihr Kinder zeugen. Zugleich bezeugt Hosea aber auch die heiße Liebe Gottes zu seinem Volk, über das er zugleich so sehr erzürnt ist: „Wie kann ich dich preisgeben, Ephraim, und dich ausliefern, Israel? Mein Herz ist andern Sinnes, alle meine Barmherzigkeit ist entbrannt.“ (Hos 11,8) So findet sich bei Hosea auch die Hoffnung Gottes, mit seiner Treue Israels Untreue schließlich doch überwinden zu können: „Ich will mich mit dir verloben für alle Ewigkeit.“ (Hos 2,21)
 

4.2. Joel
Im Buch Joel wird eine große Heuschreckenplage geschildert, die den Propheten zu einem Bußruf veranlaßt: Diese Plage ist nur ein Hinweis auf den kommenden Tag des HERRN; darum gilt es, zum HERRN umzukehren. Joel verkündigt sodann dem Volk, das Buße tut, Gottes Gnadenzusage und das künftige Heil für Israel. Im Buch Joel finden sich die Ankündigung der Ausgießung des Heiligen Geistes, auf die sich Petrus in seiner Pfingstpredigt bezieht (Joel 3) und die Verheißung: „Wer des HERRN Namen anrufen wird, der soll errettet werden.“ (Joel 3,5; vgl. Röm 10,13)
 

4.3. Amos
Amos ist der älteste „Schriftprophet“ des Alten Testaments; er wirkte für kurze Zeit um 760 v. Chr. im Nordreich, stammte selber aber aus dem Südreich. Er kündigt zunächst den Nachbarvölkern Israels Gottes Strafgericht an, dann aber auch Israel selber. Seine Kritik bezieht sich vor allem auf die sozialen Mißstände in Israel und auf die Selbstsicherheit der herrschenden Schichten. Die Reaktion auf seine Verkündigung wird in Amos 7,10-14 geschildert: „Da sandte Amazja, der Priester in Bethel, zu Jerobeam, dem König von Israel, und ließ ihm sagen: Der Amos macht einen Aufruhr gegen dich im Hause Israel; das Land kann seine Worte nicht ertragen. Denn so spricht Amos: Jerobeam wird durchs Schwert sterben, und Israel wird aus dem Lande gefangen weggeführt werden. Und Amazja sprach zu Amos: Du Seher, geh weg und flieh ins Land Juda und iß dort dein Brot und weissage daselbst. Aber weissage nicht mehr in Bethel; denn es ist des Königs Heiligtum.“
 

4.4. Obadja
Das Buch des Propheten Obadja ist das kürzeste Prophetenbuch des Alten Testaments. Es enthält eine Gerichtsankündigung gegen die Edomiter, die feindlichen Nachbarn Israels, und die Ankündigung des Beginns einer Heilszeit für Israel am Tag des HERRN.
 

4.5. Jona
Das Buch Jona fällt formal aus den Prophetenbüchern des Alten Testaments heraus: Es enthält nicht die Prophetenworte Jonas, sondern erzählt die Geschichte von Jona, der von Gott beauftragt wird, der Stadt Ninive das Strafgericht Gottes zu verkündigen. Statt dessen versucht Jona, vor Gott wegzulaufen, wird von Gott auf dem Meer eingeholt und landet im Bauch eines Fisches (von einem Wal steht nichts da), der ihn aus den Fluten des Meeres rettet und wieder an Land speit.. Daraufhin geht Jona nach Ninive und hält seine Bußpredigt, worauf sich wider Erwarten die Niniviten bekehren – sehr zum Ärger von Jona, der Gottes Langmut und Barmherzigkeit nicht verstehen kann und abschließend selber von Gott belehrt werden muß. Das Buch ist ein schönes Beispiel dafür, daß schon im Alten Testament selber Gottes Heil und Erbarmen über Israel in die Völkerwelt hinausreicht.
 

4.6. Micha
Der Prophet Micha war ein Zeitgenosse Jesajas. Zu einer Zeit, in der das Nordreich noch nicht von den Assyrern erobert war, kündigt er den Untergang des Nordreichs und auch die Zerstörung Jerusalems und des Tempels an. Seine prophetische Kritik richtet sich vor allem gegen soziale Mißstände im Volk. Daneben verheißt Micha in den Kapiteln 4 und 5 aber auch die Begnadigung des Volkes nach dem Gericht und ein Friedensreich an. In diesem Zusammenhang steht auch die Ankündigung der Geburt des kommenden Friedensherrschers in Bethlehem, die uns aus der Christvesper bekannt ist: „Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.“ (Micha 5,1). Das Buch schließt mit einem wunderbaren Lobpreis auf die Barmherzigkeit Gottes: „Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt und erläßt die Schuld denen, die übriggeblieben sind von seinem Erbteil; der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er ist barmherzig!“ (Micha 7,18)
 

4.7. Nahum
Nahum ist ein Zeitgenosse Jeremias. Schon einige Zeit vor der Eroberung der Stadt Ninive im Jahr 612 kündigt er in seiner Prophetie deren Untergang an. Der Fall Ninives wurde in Juda als Befreiung von einer großen Bedrohung gefeiert: „Siehe auf den Bergen die Füße eines guten Boten, der da Frieden verkündigt! Feiere deine Feste, Juda, und erfülle deine Gelübde! Denn es wird der Arge nicht mehr über dich kommen; er ist ganz ausgerottet.“ (Nahum 2,1)
 

4.8. Habakuk
Auch Habakuk ist ein Zeitgenosse Nahums und Jeremias. In seiner Prophetie geht es darum, wie die Erfahrung der Unterdrückung des Volkes Gottes durch feindliche Mächte, wohl die Assyrer, mit Gottes Gerechtigkeit zu vereinbaren ist. Habakuk ruft zur Geduld auf: „Die Weissagung wird ja noch erfüllt werden zu ihrer Zeit. Wenn sie sich auch hinzieht, so harre ihrer; sie wird gewiß kommen und nicht ausbleiben. Siehe, wer halsstarrig ist, der wird keine Ruhe in seinem Herzen haben, der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben.“ (Hab 2,3+4) Diese Aussage Habakuks, daß der Gerechte durch den Glauben leben wird, wird im Römerbrief von Paulus zur Entfaltung seiner Rechtfertigungsbotschaft aufgegriffen (vgl. Röm 1,17). Das Kommen Gottes als Einlösung seines Versprechens beschreibt Habakuk abschließend in einem Psalm.
 

4.9. Zefanja
Auch Zefanja war ein Zeitgenosse Jeremias. Wie in anderen Prophetenbüchern auch finden sich bei ihm zunächst Gerichtworte gegen das eigene Volk Juda, das am Tag des Zorns von Gott heimgesucht wird, danach Gerichtsworte gegen andere Völker und schließlich eine Heilsankündigung für den geläuterten Rest Judas: „Ich will in dir übrig lassen ein armes und geringes Volk; die werden auf des HERRN Namen trauen.“ (Zef 3,12)
 

4.10. Haggai
Haggai wirkte wie die beiden folgenden Propheten in der Zeit nach der Rückkehr der Israeliten aus dem babylonischen Exil: Im Jahr 520 mahnt er das Volk, über dem Bau der eigenen Häuser den Wiederaufbau des Tempels nicht zu vergessen, und verbindet diese Mahnung mit einer Weissagung von der künftigen Herrlichkeit des Tempels.
 

4.11. Sacharja
In der schweren Zeit nach der Rückkehr der Israeliten aus dem Exil ermutigt der Prophet Sacharja in den Jahren 520-518 die Heimgekehrten, indem er ihnen mit seinen Worten eine wunderbare Zukunft für Jerusalem verheißt. Diese Worte haben im ersten Teil des Buches immer wieder die Form von Visionsschilderungen. Zu dieser Zukunft gehört auch das Kommen eines neuen Königs: „Du Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.“ (Sach 9,9) Hier verweist die Prophetie Sacharjas bereits deutlich auf Christus.
 

4.12. Maleachi
Maleachi ist der letzte alttestamentliche Prophet. Er wirkt etwa um 470 v. Chr.. Mit aller Deutlichkeit warnt er davor, Gott im Gottesdienst und im Alltag nicht genügend ernst zu nehmen. Im dritten Kapitel kündigt er das Kommen Gottes an: „Siehe, ich will meinen Boten senden, der vor mir her den Weg bereiten soll. Und bald wird kommen zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht; und der Engel des Bundes, den ihr begehrt, siehe, er kommt! spricht der HERR Zebaoth.“ (Mal 3,1) 500 Jahre später erfüllen sich diese Worte schließlich im Neuen Testament. Bei Maleachi findet sich auch die Verheißung an diejenigen, die Gott den zehnten Teil ihres Besitzes opfern: „Bringt aber den Zehnten in voller Höhe in mein Vorratshaus, auf daß in meinem Hause Speise sei, und prüft mich hiermit, spricht der HERR Zebaoth, ob ich euch dann nicht des Himmels Fenster auftun werde und Segen herabschütten die Fülle.“ (Mal 3,10) Diese Verheißung dient auch heute noch vielen Christen als Ermutigung zum fröhlichen und reichlichen Opfern – eben zur Abgabe „des Zehnten".

Evangelisch-Lutherische Mariengemeinde Berlin
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