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Die Zehn Gebote: Das sechste und siebte Gebot.

Die Zehn Gebote: Das sechste und siebte Gebot.

 

DAS SECHSTE GEBOT
Du sollst nicht ehebrechen.

Was ist das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben,
dass wir keusch und züchtig leben in Worten und Werken
und ein jeglicher sein Gemahl liebe und ehre.

 

Nur wenige der Zehn Gebote fordern gerade heutzutage so offen den Widerspruch vieler Menschen heraus wie das Sechste Gebot. Schon allein in diesem Widerspruch wird etwas davon deutlich, dass dieses Sechste Gebot eine besonders tief reichende Dimension unseres Menschseins anspricht, die uns als Menschen zugleich besonders verletzlich macht. Zudem verbinden viele Menschen mit dem Sechsten Gebot aber auch ganz bestimmte Klischees von der angeblichen Leib- und Sexualfeindlichkeit der Kirche und des christlichen Glaubens und angeblichen verstaubten Moralvorstellungen. Von daher ist es wichtig wahrzunehmen, was das Sechste Gebot tatsächlich aussagt:

Das Gebot bringt zunächst einmal zum Ausdruck, dass die Ehe eines Mannes und einer Frau nicht bloß eine willkürliche, veränderbare gesellschaftliche Konvention ist, sondern auf dem Schöpferwillen Gottes selber beruht; sie ist keine „Notlösung“, sondern gute Ordnung Gottes, die ihm so wichtig ist, dass er zu deren Schutz extra eines der Zehn Gebote reserviert hat. Weil die Ehe dem guten Willen Gottes entspricht, will Gott dazu seinen Segen geben, wenn sich Mann und Frau in dieser Ordnung miteinander verbinden lassen.

Die Ehe ist nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift von daher aber zugleich auch etwas Verbindliches: Sie ist nicht auf Zeit, sondern auf das ganze Leben der Ehepartner angelegt – eben in der Tat, „bis dass der Tod euch scheide“ und nicht „bis ihr jemand anders findet“ oder „bis ihr euch nichts mehr zu sagen habt“. Die Verbindlichkeit der Ehe findet der Heiligen Schrift zufolge ihren tiefsten Ausdruck in der geschlechtlichen Vereinigung der Ehepartner; dadurch werden die zwei „ein Fleisch“ (1. Mose 2,24; vgl. dazu besonders auch 1. Korinther 6,16!). Entgegen manchen Klischees ist der Geschlechtsakt für den christlichen Glauben nichts „Sündhaftes“; Sexualität gehört mit zur Geschöpflichkeit des Menschen, der nach 1. Mose 1,31 von Gott „sehr gut“ geschaffen wurde. Wohl aber ist es der Wille Gottes, dass der Mensch seine Geschlechtlichkeit verantwortlich lebt und darum weiß, dass die geschlechtliche Vereinigung verbindliche Fakten schafft (vgl. dazu noch einmal 1. Korinther 6,16). Darum entspricht ein unverbindliches „Ausprobieren“ und Wechseln von Partnern im Bett außerhalb der Ehe, auch etwa zum Zwecke des Austestens eines möglichen künftigen Ehepartners, nicht dem Willen Gottes und ist von daher also Sünde.

Wo zwei Menschen verbindlich miteinander in einer eheähnlichen Beziehung leben, aber nicht heiraten wollen, sollten sie sich über die Motive ihrer Entscheidung klar sein: Wollen sie sich auf diese Weise doch noch ein Stück Unverbindlichkeit, gleichsam eine Hintertür offen halten? Und wenn nicht – warum entziehen sie sich dann, zumal wenn sie Christen sind, dem Segen Gottes, den dieser bei der Trauung auf ihre Beziehung legen will? Kommt darin möglicherweise ein Misstrauen gegenüber Gott zum Ausdruck, dass die Ehe vielleicht doch nicht solch eine gute Ordnung Gottes sein könnte, wie dieser in seinem Wort behauptet?

Wenn zwei Christen heiraten, so begnügen sie sich nicht mit einem Verwaltungsakt im Standesamt, sondern lassen sich vor dem Altar Gottes von Gott selbst als Mann und Frau zusammenschließen und empfangen für ihre Ehe Seinen Segen. Sie dürfen damit darum wissen: Unsere Ehe gründet sich nicht bloß auf unser Ja zueinander und unsere Gefühle füreinander, sondern auf Gott, der uns zusammengefügt hat. Diese Ehe kann darum nach dem Willen Christi nicht wieder geschieden werden (vgl. Matthäus 19,6). Sie kann auch nicht mit dem Hinweis auf angebliche „Führungen Gottes“ im weiteren Leben wieder in Frage gestellt werden.

Bei der Wahl eines Ehepartners sollte für einen Christen die Frage des Glaubens des Ehepartners eine wichtige Rolle spielen: Der gemeinsame Glaube an Christus kann eine entscheidende Hilfe für das Gelingen einer Ehe sein. Er ermöglicht es beiden Ehepartnern, immer wieder aus der Vergebung Gottes zu leben und so auch miteinander neu anzufangen; er bricht zugleich jegliche Art von „Herrschaftsstrukturen“ in einer Ehe auf, wenn sich in der christlichen Ehe das Verhältnis von Christus zu seiner Kirche widerspiegelt (vgl. Eph 5,21-32): Wie Christus seinen Jüngern zu Füßen gelegen hat und für sie in den Tod gegangen ist, soll auch der Mann seiner Frau bis zur Hingabe seines Lebens dienen; umgekehrt soll diese sich dann auch wieder ihrem Mann unterordnen.

Weil die Ehe Gabe Gottes ist und Seine Verheißung hat, sollen Ehepartner in ihre Ehe immer wieder neu Zeit, Kraft und Fantasie investieren: eine Ehe ist niemals ein „Selbstläufer“. Keinesfalls sollen sie die Ehe durch ihr Handeln (außereheliche Beziehungen, seelische und körperliche Misshandlungen oder auch einfach Vernachlässigung des Ehepartners) gefährden. Wo in der Ehe Schwierigkeiten auftauchen, sollen Ehepartner rechtzeitig Hilfe in Anspruch nehmen und um ihre Ehe kämpfen, statt vorschnell von den staatlichen Möglichkeiten einer Ehescheidung Gebrauch zu machen. Es kann aber Situationen geben, in denen zumindest eine zeitweilige Trennung der Eheleute sinnvoll erscheinen mag, um einen Neuanfang überhaupt zu ermöglichen. Eine solche räumliche Trennung ist natürlich erst recht geboten, wo beispielsweise Frauen von ihren Ehemännern geschlagen oder gar vergewaltigt werden.

Das Sechste Gebot propagiert jedoch grundsätzlich keinen „Zwang zur Ehe“. Christus selber spricht davon, dass es Menschen gibt, die „um des Himmelreiches willen“ ehelos bleiben (vgl. Matthäus 19,12), um sich ganz für Gott und seine Sache einsetzen zu können. Andere Menschen wiederum haben bisher einfach keinen Ehepartner gefunden. Auch sie sollen die Möglichkeiten, die sie dadurch haben, nicht für sich selber, sondern für den Dienst an anderen Menschen nutzen. Dennoch liegt auf der Ehe noch einmal eine besondere Verheißung Gottes.

Mit dem Sechsten Gebot will Gott uns Menschen nicht schikanieren, sondern vielmehr uns und diejenigen, die uns anvertraut sind, vor allem natürlich die Kinder, vor tiefen Verwundungen bewahren. So geht es gerade auch bei diesem Gebot darum, dass wir Gott in dem, was wir tun, fürchten und lieben sollen – und dass wir zugleich erkennen sollen, wie sehr wir alle miteinander, ganz gleich ob verheiratet, ehelos oder geschieden, auf Gottes Vergebung angewiesen sind.

 

DAS SIEBTE GEBOT
Du sollst nicht stehlen.

Was ist das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben,
dass wir unsers Nächsten Geld oder Gut nicht nehmen
noch mit falscher Ware oder Handel an uns bringen,
sondern ihm sein Gut und Nahrung helfen bessern und behüten.
 

Das Siebte Gebot ist mit dem Ersten Gebot besonders eng verbunden, hängt das Herz von uns Menschen doch immer wieder in besonderer Weise an Geld und Besitz.

Gott verbietet im Siebten Gebot nicht bloß offenkundige Gesetzesübertretungen wie Raub und Diebstahl, sondern er fordert von uns gerade auch in finanziellen Dingen unbedingte Ehrlichkeit, die sich aus unserer Verantwortung vor ihm ergibt. Gerade in Bezug auf das Siebte Gebot ist das Unrechtsbewusstsein in unserer Gesellschaft weitgehend geschwunden; als Vergehen gilt nur noch das, wobei man sich hat erwischen lassen. Was keiner sieht und keiner ahndet, gilt dagegen nicht als Schuld – vom Schwarzfahren über die Schwarzarbeit und das Raubkopieren von Computer-Software bis hin zur mehr oder weniger frisierten Steuererklärung. Ebenso wenig beschränkt sich die Geltung des Siebten Gebotes auf Vergehen gegenüber einzelnen Personen, als ob es erlaubt sei, „den Staat“ oder irgendwelche anderen vermeintlich reichen Einrichtungen zu betrügen – womöglich noch mit dem Hinweis, dass wir uns von denen ja nur zurückholen, was diese uns zuvor  genommen hatten.

Wenn Martin Luther in seiner Erklärung auch „falsche Ware oder Handel“ anspricht, macht er deutlich, dass beispielsweise auch Pfusch bei der Arbeit, Arbeitsverweigerung auf Kosten der Allgemeinheit oder erpresserisches Verhalten im Wirtschaftsleben, etwa von großen Unternehmen gegenüber kleineren, Verstöße gegen das Siebte Gebot sind. In seiner Erklärung des Siebten Gebots im Großen Katechismus kann Luther hierfür sehr deutliche Worte finden: „Ebenso soll es allen andern ergehen, die aus dem freien Markt nichts andres als einen Schindanger und ein Räuberhaus machen, wo man täglich die Armen übervorteilt und neue Beschwerung und Teuerung hervorruft. Jeder missbraucht den Markt nach seinem Mutwillen und ist dazu auch noch trotzig und stolz, als hätte er die Befugnis und das gute Recht dazu, das Seine so teuer herzugeben als es ihn gelüstet, und als dürfe ihm niemand dreinreden.“ Er fordert die Fürsten auf, dass sie „den Mut dazu hätten, bei all den Handelsgeschäften und Käufen Ordnung herzustellen und aufrechtzuerhalten, damit die Armut nicht beschwert und unterdrückt werde.“

Sehr deutlich macht die Heilige Schrift, dass wir unseren Besitz niemals als – womöglich noch selbst verdientes – Eigentum ansehen dürfen. Alles, was wir haben und besitzen, verdanken wir einzig und allein der Güte und Barmherzigkeit Gottes. Eben darum haben wir nicht das Recht dazu, alles, was wir besitzen, nur für uns zu behalten. Es ist bezeichnend, dass Paulus in Epheser 4,28 schreibt: „Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern arbeite und schaffe mit eigenen Händen das nötige Gut, damit er dem Bedürftigen abgeben kann.“ Wesentlicher Sinn unseres Arbeitens ist also das Abgeben an andere! Noch deutlicher formuliert es der heilige Ambrosius (339-397) in einer Predigt: „Es ist nicht dein Gut, mit dem du dich gegen den Armen großzügig erweist. Du gibst ihm nur zurück, was ihm gehört. Denn du hast dir nur genommen, was zu gemeinsamem Nutzen bestimmt ist. Die Erde gehört allen, nicht nur den Reichen.“ Wer mehr besitzt, als er zum Leben braucht, und davon nichts abgibt, ist von daher ebenfalls ein Dieb. Gerade im reichlichen Abgeben von dem, was wir haben, können wir einüben, unser Herz nicht an Geld und Besitz zu hängen, sondern Gott allein über alle Dinge zu fürchten und zu lieben und IHM zu vertrauen, der uns immer wieder so reichlich versorgt.