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Das Sakrament der Heiligen Taufe (1).

Das Sakrament der Heiligen Taufe: Zum Ersten und zum Zweiten.

 

ZUM ERSTEN

Was ist die Taufe?
Die Taufe ist nicht allein schlicht Wasser,
sondern sie ist das Wasser
in Gottes Gebot gefaßt und mit Gottes Wort verbunden.

Welches ist denn solch Wort Gottes?
Da unser Herr Christus spricht bei Matthäus im letzten Kapitel:
Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker;
taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes
und des Heiligen Geistes
und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe.


In seiner Erklärung der Taufe setzt Martin Luther bei der Stiftung der Taufe durch den auferstandenen Christus ein: Die Taufe ist nicht ein Ritus, den sich irgendwann einmal die christliche Kirche ausgedacht hat, sondern sie ist von Christus, ihrem Herrn, selber eingesetzt und befohlen worden. Die Kirche hat von daher nicht die Freiheit zu entscheiden, ob sie taufen will oder nicht, und sie hat sich im Vollzug der Taufe an das zu halten, was Christus ihr in der Stiftung vorgegeben hat: Das Wasser der Taufe ist „in Gottes Gebot gefaßt“, wie ein Edelstein auf einem Ring in einer Fassung steckt: Nur durch diese Fassung hat der Stein seinen Halt.

Von den Einsetzungsworten Christi her wird auch deutlich, was die Taufe zur Taufe macht: Es ist das Wasser und das Wort Gottes, konkret: die Worte Christi, die er befohlen hat. Ohne Wasser ist die Taufe keine Taufe; es gibt keine „Trockentaufe“. Wie das Wasser angewandt wird, ist dabei nicht entscheidend: Bereits seit den Zeiten der Alten Kirche sind sowohl die Praxis des Untertauchens als auch die Praxis des Begießens bekannt. Insofern spielt die Menge des verwendeten Wassers keine entscheidende Rolle. Umgekehrt ist jedoch auch die heute zum Teil verbreitete Praxis problematisch, wonach der Pastor bei der Taufe seine Hand nur noch ins Wasser taucht und dann gleichsam mit einem feuchten Finger den Täufling mit dem Kreuzeszeichen segnet. Hier ist das für die Taufe notwendige Element fast bis zur Unkenntlichkeit verdeckt. Eindeutig ungültig sind Taufen, wenn sie nicht im Namen des dreieinigen Gottes vollzogen werden, sondern beispielsweise im Namen des Guten, des Wahren und des Schönen, wie dies etwa vor gut zweihundert Jahren in der Aufklärungszeit üblich war, oder im Namen von Blut, Boden und Rasse, wie dies zum Teil während der Zeit des Nationalsozialismus von deutschchristlichen Pfarrern praktiziert wurde.

Was wirklich für eine Taufe notwendig ist, wird am deutlichsten in der Situation der Nottaufe erkennbar: Wenn beispielsweise ein kleines Kind nach der Geburt zu sterben droht, darf im Notfall jeder Christ ihm die Heilige Taufe spenden und sollte dies auch tun. In unserem Gesangbuch gibt es auf S.306 die Ordnung der Nottaufe; wir finden sie fast direkt vor dem Lied Nr.1. In ganz dringenden Fällen reicht es, wenn der Kopf des Täuflings dreimal mit Wasser begossen wird und dazu die Worte Christi gesprochen werden: „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“ Gut ist es, wenn bei solch einer Taufe noch ein weiterer Zeuge mit anwesend ist, der den gültigen Vollzug der Taufe bestätigen kann. Eine solche Nottaufe sollte anschließend dem zuständigen Pfarramt gemeldet werden, damit diese auch ins Kirchenbuch eingetragen werden kann.

Schon unsere Vorkonfirmanden lernen im Unterricht, wie man eine Nottaufe vollzieht. Dies ist keineswegs nur ein bloßes Gedankenspiel. Viele Glieder unserer Gemeinde sind beispielsweise von ihren Großmüttern getauft worden, weil in der ehemaligen Sowjetunion kein Pastor für die Taufe zur Verfügung stand. Und wer beispielsweise im Bereich der Geburtsmedizin tätig ist, kann sehr schnell mit der Frage einer Nottaufe konfrontiert werden. Diese Frage wird heutzutage sogar noch bedrängender, da immer mehr Eltern darauf verzichten, ihr Kind bald nach der Geburt taufen zu lassen. Von daher sollten wir es als Christen nicht versäumen, Eltern in unserem Bekanntenkreis auf die Frage der Taufe ihres Kindes anzusprechen, wenn dieses beispielsweise schwer erkranken sollte.


ZUM ANDERN

Was gibt oder nützt die Taufe?
Sie wirket Vergebung der Sünden,
erlöset vom Tode und Teufel
und gibt die ewige Seligkeit allen,
die es glauben, wie die Worte und Verheißung Gottes lauten.

Welches sind denn solche Worte und Verheißung Gottes?
Da unser Herr Christus spricht bei Markus im letzten Kapitel:
Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden;
wer aber nicht glaubet, der wird verdammt werden.


Daß ein Säugling, der getauft wird, die Vergebung der Sünden nötig haben sollte, wird von vielen Menschen heutzutage nicht mehr verstanden: Wozu braucht solch ein süßes, unschuldiges Baby die Vergebung der Sünden? Hinter dieser Frage steckt jedoch ein verkürztes, moralisierendes Verständnis von Sünde: „Sünde“ wird in diesem Zusammenhang lediglich als unmoralische Tat, als aktuelle Gebotsübertretung verstanden. Nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift reicht die Bedeutung der Sünde jedoch viel tiefer: Sünde ist Trennung von Gott, ist in diesem Sinne ein Zustand, in den wir schon hineingeboren werden: „Siehe, ich bin als Sünder geboren, und meine Mutter hat mich in Sünden empfangen.“ (Psalm 51,7) Dieser Zustand beruht nicht darauf, daß etwa der Zeugungsakt selber Sünde wäre, sondern ist gleichsam ein Menschheitsgeschick von den ersten Anfängen an – ein Menschheitsgeschick, das jeder Mensch in seinem eigenen Leben immer wieder nachvollzieht. Die Sünde ist also nach dem Zeugnis des Neuen Testaments gleichsam eine Macht, von der wir beherrscht werden (vgl. Römer 5,12-21), bis in der Taufe ein Herrschaftswechsel stattfindet und wir durch Christus von ihrer Herrschaft befreit werden (vgl. Römer 6). Mit der Sünde hängen Tod und Teufel unmittelbar zusammen: Durch die Trennung von Gott sind wir Menschen der Macht des Todes verfallen (vgl. schon 1. Mose 3,19), bis in der Taufe der Tod entmachtet wird und wir ein neues Leben geschenkt bekommen, das auch unser leiblicher Tod nicht mehr zunichte machen kann. Auch der Teufel ist eine Macht, die uns in der Trennung von Gott festhalten und uns damit dem ewigen Tod ausliefern will. Doch in der Taufe hat Gott „uns errettet von der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes, in dem wir die Erlösung haben, nämlich die Vergebung der Sünden.“ (Kolosser 1,13+14) Dieser Herrschaftswechsel wird in der Taufliturgie sehr sinnenfällig vollzogen, wenn der Pastor zum Täufling spricht: „Fahre aus, du unreiner Geist, und gib Raum dem Heiligen Geist! Nimm hin das Zeichen des heiligen Kreuzes an der Stirn und an der Brust.“ Die Taufe ist also alles andere als bloß eine Namengebungszeremonie oder ein Initiationsritus oder gar nur ein Anlaß zu einer Familienfeier nach der Geburt eines Kindes. In ihr findet ein Kampf statt, ja, „sie reißt uns dem Teufel aus dem Hals“, wie Martin Luther dies in seinem Großen Katechismus formuliert.

Deutlich wird in all dem schon, daß die Taufe ganz und gar Handeln und Geschenk Gottes ist und nicht etwa Tat und Bekenntnis des Menschen. So entspricht es auch klar dem biblischen Zeugnis. Von daher tauft die lutherische Kirche bewußt auch schon Säuglinge und ermutigt Eltern sogar ganz bewußt, ihre Kinder so bald wie möglich nach der Geburt taufen zu lassen. Daß im Neuen Testament nur sehr andeutungsweise von Taufen von Kindern die Rede ist, ist in der Missionssituation der ersten Generation begründet. Auch in unserer Gemeinde hatten wir in manchem Jahr mehr Erwachsenen- als Kindertaufen, wobei wir dann allerdings auch immer wieder mit dem Erwachsenen „all die Seinen“ (Apostelgeschichte 16,33) mitgetauft haben. Vom Wesen der Taufe ist es allerdings klar, daß es dringend geboten ist, auch schon Kinder zu taufen: Auch Kinder haben es dringend nötig, daß sie aus dem Machtbereich von Sünde, Tod und Teufel gerissen werden und das neue Leben erhalten, das auch der Tod nicht zunichte machen kann. Wie Jesus in der Erzählung von der Kindersegnung deutlich macht, sollen sich sogar umgekehrt die Erwachsenen die Kinder zum Vorbild nehmen: „Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ (Markus 10,15) Wenig überzeugend ist dagegen das Argument vieler Eltern, ihre Kinder sollten sich später einmal „selber entscheiden“, ob sie getauft werden wollen: Eltern treffen ohne die Zustimmung ihrer Kinder alle wesentlichen Entscheidungen über deren Leben, weil sie wissen, daß diese Entscheidungen für sie gut sind. Sie fragen nicht, welche Muttersprache sie haben wollen und ob sie geimpft werden wollen, ja, sie legen mitunter sogar ohne die Zustimmung ihrer Kinder schon ein Sparbuch für sie an. Solch eine entscheidend wichtige Investition in die Zukunft des Kindes ist auch die Heilige Taufe. Abgesehen davon gibt es auch nicht so etwas wie eine „neutrale“ Erziehung in Glaubensfragen: Kinder, deren Eltern regelmäßig am Gottesdienst teilnehmen und ihren Kindern den Glauben lieb machen, werden sich später in aller Regel anders entscheiden als Kinder, deren Eltern mit ihrem eigenen Vorbild deutlich machen, daß Glauben und Kirche überflüssig sind. Es wäre naiv, diese Prägung der Kinder zu übersehen. Um so wichtiger ist es, daß wir als Kirche immer wieder bezeugen, was mit der Taufe eigentlich auf dem Spiel steht: Es geht darum, daß Menschen „selig“ werden, also für immer in der Gemeinschaft mit Christus leben. Genau dies wird dem Täufling in der Taufe geschenkt. Darum heißt es auch auf dem Taufstein unserer Kirche: „An mir soll man die Seligkeit empfangen!"