11.04.2009 | St. Matthäus 28, 1-10. 16-20 (Heilige Osternacht)

HEILIGE OSTERNACHT – 11./12. APRIL 2009 – PREDIGT ÜBER ST. MATTHÄUS 28,1-10.16-20

Als aber der Sabbat vorüber war und der erste Tag der Woche anbrach, kamen Maria von Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. Und siehe, es geschah ein großes Erdbeben. Denn der Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. Seine Gestalt war wie der Blitz und sein Gewand weiß wie der Schnee. Die Wachen aber erschraken aus Furcht vor ihm und wurden, als wären sie tot. Aber der Engel sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht die Stätte, wo er gelegen hat; und geht eilends hin und sagt seinen Jüngern, dass er auferstanden ist von den Toten. Und siehe, er wird vor euch hingehen nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt. Und sie gingen eilends weg vom Grab mit Furcht und großer Freude und liefen, um es seinen Jüngern zu verkündigen. Und siehe, da begegnete ihnen Jesus und sprach: Seid gegrüßt! Und sie traten zu ihm und umfassten seine Füße und fielen vor ihm nieder. Da sprach Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht hin und verkündigt es meinen Brüdern, dass sie nach Galiläa gehen: Dort werden sie mich sehen.
Aber die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte.  Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten. Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Liegt ihr auch schon in den Startlöchern? Nein, ich meine nicht, dass ihr sehnsüchtig darauf wartet, dass dieser Gottesdienst endlich vorbei ist und ihr aus der Kirche raus könnt. Wäre ja durchaus verständlich nach der langen Feier, die auch jetzt schon hinter euch liegt mit all den Lesungen und Gesängen, den drei Taufen und was wir sonst schon so alles in dieser Nacht erlebt haben. Nein, da müsst ihr euch jetzt trotzdem noch ein bisschen gedulden. Liegt ihr auch schon in den Startlöchern? Nein, ich meine nicht, dass ihr schon darauf wartet, endlich hierher nach vorne kommen zu können, um den Leib und das Blut des gekreuzigten und auferstandenen Christus zu empfangen. Das wäre durchaus schon sehr viel angemessener als bloß das Warten auf das Ende des Gottesdienstes. Aber wenn ich euch heute Nacht frage, ob ihr auch schon in den Startlöchern liegt, dann meine ich noch mal was Anderes. Ich frage, ob ihr es eben eigentlich richtig mitbekommen habt, was da im Heiligen Evangelium gesungen wurde: „Gehet hin!“ – So heißt es in den paar Versen des Evangeliums gleich dreimal. „Gehet hin!“ – Ja, das gehört zu Ostern offenbar dazu, dass man nicht auf seinem Hintern sitzenbleibt, sondern losgeht, weitererzählt, was in dieser Nacht eigentlich geschehen ist.
„Gehet hin!“ – Das heißt: Ostern ist nicht bloß eine Geschmackssache. Ostern geht nicht bloß Gemeindeglieder etwas an, sondern alle Menschen. Denn es geht zu Ostern nicht bloß um ein schönes religiöses Gefühl, das einige Menschen haben und andere eben nicht, sondern es geht um ein Ereignis, das für das Leben aller Menschen, die auf dieser Erde leben, von entscheidender Bedeutung ist, ganz gleich, ob die das selber wahrhaben wollen oder nicht.
Da hatte man am späten Freitagnachmittag einen Leichnam in ein Grab gelegt, nein, keinen halbtoten Komapatienten, sondern einen mausetoten Leichnam, bei dem alle Reanimierungsversuche zu spät kamen. Und zwei Tage später ist das Grab, in dem er gelegen hatte, wieder leer, ja, mehr noch: Derselbe Mensch, der zwei Tage zuvor noch tot war, begegnet seinen Freunden, nicht nur einmal, sondern wiederholt, nein, nicht bloß im Traum, nicht bloß in einer Vision, sondern so handfest im wahrsten Sinne des Wortes, dass die beiden Frauen, denen er zuerst begegnet, seine Füße umfassen können, ertasten können, dass er nicht bloß ein Gespenst ist, sondern leibhaftig er selber, der auferstandene Christus.
Da hat ein Mensch den Tod besiegt, so endgültig, dass er ihn ein für alle Male hinter sich gelassen hat, dass er nicht ein paar Jahre später doch noch an irgendeinem blöden Virus sterben kann. Nein, Jesus ist keine reanimierte Leiche, sondern der Sieger über den Tod, der, dem nun alle Macht gegeben ist im Himmel und auf Erden. Und das ist nicht bloß interessant, das ist die wichtigste Nachricht für alle Menschen dieser Welt, ja, auch für dich und für mich, aber auch für all diejenigen, die von diesem Jesus noch gar nichts wissen und noch gar keine Ahnung haben. Denn uns allen steht ja genau dasselbe bevor, was man damals mit Jesus auch gemacht hat: Uns steht bevor, dass wir irgendwann auch einmal in einem Grab landen – Deckel zu und aus. Da denken wir nicht gerne dran, aber das treibt uns im Unterbewussten eben doch in unserem Leben immer wieder umher: Mensch, ich könnte was verpassen, Mensch, ich möchte doch was erleben, möglichst viel mitbekommen, möglichst viel Spaß haben; wer weiß, wie lange ich das noch kann! Ja, die Sorge ist berechtigt, denn wir erleben es ja, wie Menschen in unserer Umgebung, wie auch geliebte Menschen sterben, wie sie begraben werden, wie uns nichts Anderes übrig bleibt als den Frauen damals an jenem Ostermorgen, dass wir zu ihrem Grab hingehen und uns dieses Grab anschauen: Tot – aus – vorbei!
Doch nun verkündigt es der Engel, verkündigen es die Frauen, verkündigt es Christus selber: Dieser Tod, der uns so viel Angst macht, der uns so sehr umher treibt, der so tiefe Wunden in unserem eigenen Leben hinterlassen hat, der ist besiegt. Da gibt es einen, der ist stärker als der Tod: Christus, der Auferstandene. Und jeder, ausnahmslos jeder Mensch ist dazu eingeladen, auch an diesem Leben Anteil zu bekommen, in das Christus als erster auferstanden ist. Wie das geht? Ganz einfach, so sagt es Christus hier: Lasst euch taufen, dann gehört ihr zu mir, dann habt ihr dieses neue Leben auch, das stärker ist als der Tod. Und dann haltet euch an das, was ich euch gesagt habe, und dann sagt es auch wieder anderen weiter, was da zu Ostern geschehen ist und wo sie dieses neue, unzerstörbare Leben bekommen können!
Und darum hoffe ich, dass ihr alle miteinander schon in den Startlöchern liegt, um es den Frauen und den Jüngern nachzutun, um loszulaufen, um diese gute Nachricht weiterzuerzählen. Ja, einen Augenblick gedulden müsst ihr euch noch so gerade. Die Frauen und die Jünger, die sind auch erst noch einmal vor dem auferstandenen Christus niedergefallen, haben ihn angebetet, haben seine Gegenwart leibhaftig erfahren, bevor sie dann losgelaufen sind. Das wollen wir jetzt auch gleich noch machen im Heiligen Abendmahl. Aber dann braucht euch nichts mehr zu halten. Dann geht hin und reibt den Leuten die wichtigste Nachricht ihres Lebens unter die Nase. Sehr weit laufen müsst ihr vielleicht gar nicht: Fangt einfach an bei euren Freunden, euren Klassenkameraden, euren Nachbarn und Arbeitskollegen. Die sollen und dürfen nicht doof sterben, die sollen die gute Nachricht noch rechtzeitig mitbekommen, so wie der Mario und der Dié-Jay diese Nachricht noch rechtzeitig mitbekommen haben und heute Nacht zur Taufe gekommen sind und den kleinen Jazz-Henry gleich auch noch mitgebracht haben. Ja, geht hin und holt die Leute ran, bis sie hier am Taufstein Schlange stehen. Es geht doch nicht darum, unsere Gemeinde zu vergrößern; es geht doch darum, dass Menschen mit Christus in Verbindung kommen und auch mal wieder aus ihrem Grab rauskommen, wie Christus schon aus seinem Grab rausgekommen ist. Ja, alle brauchen sie das: Türken, Russen, Deutsche, Chinesen, Perser, Araber und Afrikaner. Ja, ich hoffe, es kribbelt euch schon in den Beinen, ja, geht hin und erzählt, was alle wissen müssen: „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!“ Halleluja! Amen.