04.06.2014 | St. Lukas 12,8-12 | Mittwoch nach Exaudi
Pfr. Dr. Gottfried Martens

Wenn ich mir die Protokolle der Anhörungen von Asylbewerbern beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchlese, dann erscheint darin immer wieder eine Frage: „Sie sagen, Sie sind Christ. Was würden Sie tun, wenn Sie aus Deutschland wieder in Ihre Heimat zurückgeschickt werden?“ Die richtige Antwort, die das Bundesamt darauf erwartet, lautet natürlich: „Ich werde auch in meinem Heimatland meinen christlichen Glauben weiter praktizieren und mich weiter zum christlichen Glauben bekennen, ganz gleich, welche Gefahren für Leib und Leben mir deshalb drohen.“ Sollte ein Asylbewerber dagegen auf die Idee kommen, zu antworten: „Ich würde dann lieber meinen Glauben vor anderen verbergen, weil mir das sonst zu gefährlich ist“, dann sinken damit seine Chancen, hier in Deutschland anerkannt zu werden, ganz gewaltig.

Es gab vor längerer Zeit schon einmal einen, der hatte auch solch ein wunderbares Bundesamt-Bekenntnis abgelegt: „Und wenn ich mit dir sterben müsste, werde ich dich nicht verleugnen“, so hatte es Petrus nun allerdings nicht bei einer Anhörung, sondern in einem Gespräch mit Jesus vor seinen Jüngern erklärt. Sehr lange hat diese Ankündigung eines tapferen Bekenntnisses bei ihm allerdings nicht gehalten. Wir kennen die Fortsetzung der Geschichte.

Ja, es ist immer schwierig und problematisch, wenn wir Aussagen darüber treffen sollen, wie wir uns in Zukunft in schwierigen Bekenntnissituationen verhalten werden. Wir kennen den Petrus, wir kennen selber unser ängstliches, verzagtes Herz. Da tun wir gut daran, den Mund nicht zu voll zu nehmen, zumindest, wenn man nicht vom Bundesamt zu solchen vollmundigen Ankündigungen geradezu genötigt wird. Aber etwas Anderes können wir: Wir können verweisen auf das Versprechen, das Jesus damals seinen Jüngern gegeben hat, auf dieses Versprechen, das wir eben in unserer Predigtlesung gehört haben: Jesus verspricht seinen Jüngern, verspricht uns, dass wir nicht zu sorgen brauchen, was wir sagen sollen, wenn wir uns vor Gerichten oder in der Öffentlichkeit für unseren Glauben an ihn zu verantworten haben. Und er nennt auch einen ganz konkreten Grund, weshalb wir uns dann nicht zu sorgen brauchen: „Der Heilige Geist wird euch in dieser Stunde lehren, was ihr sagen sollt.“ Das ist natürlich ein ganz wunderbares Versprechen, dass wir in der Stunde, in der wir gefordert werden, nicht allein dastehen, dass er, der Beistand, der Heilige Geist, dann auf unserer Seite steht, unsere Zunge leitet, uns dann das sagen lässt, was nötig, was gut und richtig ist. Wenn wir uns darauf verlassen, wenn wir darauf verweisen, dann nehmen wir nicht den Mund zu voll, dann nehmen wir einfach nur ihn, Jesus, unseren Herrn, selber beim Wort.   

Und Jesus hat sein Wort im Verlaufe der Geschichte immer und immer wieder gehalten, so haben es unzählig viele Christen in allen Jahrhunderten der Kirchengeschichte erfahren, so erfahren es Christen besonders in Zeiten der Verfolgung immer wieder. Und auf diese Verheißung dürfen sich eben auch die Schwestern und Brüder in unserer Gemeinde verlassen, die hier in unserem Land vor Gericht anzutreten haben und sich für ihren christlichen Glauben zu verantworten haben. Christus verspricht nicht, dass sie alle dann rhetorisch geschliffene Reden halten werden; aber er verspricht ihnen, dass er ihnen die Kraft schenkt, sich zu ihrem Glauben zu bekennen, ja, auch immer wieder Worte dafür zu finden. Und so manch einer hat im Nachhinein schon selber gestaunt, wie handgreiflich er oder sie die Verheißung, die Christus uns hier macht, in dieser Stunde erfahren hat.

Eines macht Christus in diesem Zusammenhang allerdings auch deutlich: Das Bekenntnis zu ihm ist nicht bloß eine Frage der Taktik oder des Charakters. Dieses Bekenntnis hat tatsächlich Konsequenzen, nicht nur hier auf Erden, sondern im Himmel, in der Ewigkeit. Nein, Jesus sagt uns das nicht, um uns Angst einzujagen, um Druck auf uns auszuüben, um uns so bei der Stange zu halten. Er will uns ermutigen, immer wieder auch auszusprechen, was er selber in unserem Herzen gewirkt hat. Wenn Menschen hier am Taufstein also offen aussprechen: Ja, ich sage mich los vom Islam, ja, ich glaube an Jesus Christus, dann hat das Auswirkungen bis in den Himmel, bis in die Ewigkeit, dann freuen sich die Engel Gottes, dann steht Christus selber hinter ihnen und erklärt: Ja, ihr gehört zu mir. Wenn du sonntags hierher zum Gottesdienst kommst und das Glaubensbekenntnis sprichst, dann ist das nicht nur eine Pflichtübung, die man sonntags nun mal zu absolvieren hat. Nein, jedes Mal hat dieses Bekenntnis Auswirkungen bis in die Ewigkeit. Wenn du dein Taufkreuz nicht verschämt versteckst, sondern andere sehen können, dass du Christ bist, dann hat das Verheißung, dann hat das Auswirkungen bis in die Ewigkeit. Wenn die anderen in deiner Umgebung das mitbekommen, dass du sonntags morgens als einziger im Haus und in der Nachbarschaft dich auf den Weg in die Kirche begibst, dann verbindet Christus damit eine Verheißung, ein Versprechen, dann sagt er: Jawohl, der und die, die gehören zu mir, die bekennen sich zu mir, und ich bekenne mich zu ihnen.

Es gibt natürlich auch das Gegenteil: Dass Menschen den, zu dem sie eigentlich gehören, verleugnen. Das kann auf vielerlei Weise geschehen: Das kann dadurch geschehen, dass man nach seiner Anerkennung von Christus und seiner Kirche nichts mehr wissen will, sich nicht mehr dort einfindet, wo gemeinsam das Bekenntnis zu Christus im Gottesdienst gesprochen wird. Das kann dadurch geschehen, dass man ein Leben führt, das dem Bekenntnis zu Jesus Christus genau widerspricht. Das kann dadurch geschehen, dass man seinen christlichen Glauben versteckt und ihn nur als seine Privatangelegenheit betrachtet. Doch Christus erwartet in der Tat von uns, dass wir aus unserem Glauben kein Geheimnis machen, sondern dafür einstehen, erst recht hier in unserem Land, in dem das Bekenntnis zu Christus noch jedenfalls uns viel weniger kostet als Christen in so vielen anderen Ländern dieser Erde.

Und einen Trost schickt Christus dann allerdings auch gleich hinterher: Wenn wir ihn, Christus, verleugnen, wenn uns auch Worte über die Lippen kommen, mit denen wir unserem christlichen Glauben direkt oder indirekt widersprechen, dann kann uns vergeben werden, wenn wir Christus darum um Vergebung bitten. Ja, Christus will dir und mir auch jetzt gleich wieder im Heiligen Mahl unsere Feigheit, unsere Glaubensfaulheit vergeben, wenn wir hier zu seinem Altar kommen mit all unserer Schuld, mit all unserem Versagen, will uns dies alles wegnehmen und abwaschen mit seinem heiligen Leib und Blut, das wir nun gleich hier im Sakrament empfangen. Nur vor einem warnt er uns ganz eindringlich: Dass wir uns ja dem Wirken des Heiligen Geistes nicht verschließen, der uns immer wieder zur Umkehr ruft, der in uns immer wieder auch das Bekenntnis unserer Sünde wirken will, ja, dass wir uns bloß nicht absondern von den Quellen, durch die wir ihn, den Heiligen Geist, immer wieder empfangen. Es geht in unserem christlichen Glauben in der Tat nicht bloß um ein Mittel, um hier in Deutschland bleiben zu können, es geht in unserem christlichen Glauben nicht bloß um einen netten, frommen Zeitvertreib. Es geht in der Tat um unser ewiges Heil. Gott geb’s, dass wir dies niemals aus dem Blick verlieren! Ja, komm, Heiliger Geist! Amen.