28.09.2014 | Hebräer 1,7.13-14 | St. Michaelis
Pfr. Dr. Gottfried Martens

Schwestern und Brüder: Um es euch gleich zu Beginn dieser Predigt ganz klar zu sagen: Ich glaube nicht an Engel, und ich hoffe, dass ihr auch nicht an Engel glaubt. Ich glaube an Gott den Vater, der die Engel geschaffen hat, ich glaube an Jesus Christus, dem alle Engel dienen, ich glaube an den Heiligen Geist, der uns zum Heil führt und dabei gewiss auch Engel in seinen Dienst nimmt. Aber ich glaube nicht an Engel. Ich glaube nur an Gott, den einen, dreieinigen Gott.

Nein, Schwestern und Brüder, das ist hier keine Haarspalterei, die ich gerade betreibe. Das ist gerade heutzutage ganz wichtig, das zu betonen. An Engel zu glauben ist heute durchaus in. Vor einigen Jahren gab es hier in Deutschland eine Umfrage, bei der herauskam, dass mehr Menschen in Deutschland an Engel glauben als an Gott. Das mag uns erst mal ziemlich unlogisch erscheinen, denn wo sollen die Engel, bitteschön, herkommen, wenn es keinen Gott gibt?

Doch genauso ticken viele Menschen heute hier in unserem Land: Sie picken sich aus einem religiösen Supermarkt ein paar Bruchstücke, ein paar nette Gedanken und Vorstellungen heraus und basteln sich daraus ihre eigene Religion zusammen – ganz gleich, ob die nun fürchterlich logisch ist oder nicht.

Und in diese selbstgebastelte Religion passen Engel sehr gut hinein. Man möchte ja nicht unbedingt so ein platter Materialist sein – so irgendwas Übersinnliches könnte es ja vielleicht doch geben. Aber Gott – der könnte ja etwas von mir, von meinem Leben erwarten. Das will ich dann lieber doch nicht. Engel sind netter. Die geben einem ein gutes Gefühl, dass da jemand ist, der einen beschützt, die befriedigen mein spirituelles Bedürfnis nach übersinnlicher Begleitung, die reden mir aber ansonsten nicht in mein Leben hinein, lassen mich machen, was ich will, und lassen sich mit beinahe jeder Lebenseinstellung und Weltanschauung kombinieren. Und so kommen Engel gerade auch bei Leuten gut an, die für Esoterik schwärmen, die auf allen möglichen übersinnlichen Humbug hereinfallen. Ja, das ist heutzutage sogar ausgesprochen chic, davon zu reden, dass man an Engel glaubt – jedenfalls längst nicht so peinlich, als wenn jemand behauptet, er glaube an Gott.

Das mit der Engelverehrung, mit dem Glauben an die Engel ist aber gar keine so neue Sache. Mit solchen Vorstellungen hatten sich auch schon die Verfasser der Schriften des Neuen Testaments immer wieder zu befassen. Da gab es damals auch schon viele Leute, die Engel verehrten und dann meinten, sie könnten ihren spirituellen Fuhrpark nun einfach noch mit Jesus ergänzen – der macht sich in dieser Sammlung doch auch ganz gut.

Doch wer Jesus einfach nur als eine Art von Schutzengel für die schwierigen Stunden im Leben ansieht, der hat noch überhaupt nicht begriffen, wer Jesus ist – und der hat im Übrigen auch noch gar nicht begriffen, wer die Engel eigentlich sind, so macht es uns der Verfasser des Hebräerbriefes in der Predigtlesung des heutigen Tages deutlich.   

Nein, Jesus ist nicht bloß ein nettes religiöses Hintergrundgeräusch für unser Leben. Er ist Herr der Welt, Herr und Richter über alle Menschen, Herr und Richter auch über dich und dein Leben. Du kannst ihn dir nicht aussuchen, wie du dir eine Marmeladensorte im Supermarkt-Regal aussuchst. Es ist genau umgekehrt: An der Stellung zu ihm entscheidet sich, ob du dein Leben verfehlst oder nicht, entscheidet sich nicht weniger als deine ewige Zukunft.

Jesus ist nicht dazu in die Welt gekommen, damit du ein gutes Gefühl in deinem Alltag hast, damit du irgendwie den Eindruck hast, dass da immer einer bei dir ist. Sondern er ist in die Welt gekommen, weil du Gott eben nicht automatisch auf deiner Seite hast, weil wir Menschen im Gegenteil getrennt von Gott geboren werden und Gott nicht einfach in unser Leben hineinholen können, wie wir wollen. Er, Jesus, ist es gewesen, der für dich diese Ferne zu Gott erlitten hat, als er für dich am Kreuz gestorben ist, damit du von Gott nicht getrennt bleibst, damit du nicht bloß einen netten Begleiter hast, sondern in alle Ewigkeit in der Gemeinschaft mit ihm, dem Herrn der Welt leben darfst. Um dein Heil, um deine Rettung geht es Jesus, um nicht weniger.

Und genau diesem Ziel, diesem Zweck haben nun auch die Engel zu dienen. Sie sind nicht dafür da, dass du sie verehrst oder sie anrufst, sie sind nicht dazu da, dich einfach auf deinem Weg zu begleiten, ganz gleich, welche Richtung du in deinem Leben auch einschlagen magst. Sondern Christus sendet dir seine Engel, damit sie dir helfen, am Ziel deines Lebens anzukommen, gerettet zu werden, selig zu werden. Die Engel sind „dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die das Heil ererben sollen.“ Jesus weiß es, und die Engel wissen es auch, dass das kein Selbstläufer ist, dass du gerettet wirst, dass du das ewige Leben ererbst. Da sind sie unaufhörlich im Einsatz, die Mächte, die dich daran hindern wollen, dieses Ziel zu erreichen, die dich von Christus wegziehen wollen, dich im Glauben an ihn irre machen wollen. Alle möglichen Knüppel wollen sie dir zwischen die Beine werfen, und alle möglichen scheinbar so guten Argumente wollen sie dir einflüstern, weshalb das für dich gar nicht gut wäre, zu dicht an ihm, Christus, dranzubleiben.

Keine Chance hättest du gegen diese Mächte des Teufels, wenn Christus dir nicht seine Engel schicken würde, wenn die dir nicht dienen würden, wenn die dich nicht beschützen würden – ja, genau vor diesen Mächten. Nein, die Engel wollen selber eben gerade nicht groß herauskommen, sie wollen dir gerade nicht den Blick auf Christus versperren, sondern dir helfen, dass du ihn immer wieder vor Augen hast. Wege frei räumen wollen sie für dich, damit du immer wieder den Weg zu Christus finden und gehen kannst, wollen dich hierher in die Gegenwart deines Herrn führen, damit du es lernst, gemeinsam mit ihnen zu singen, Christus zu loben, schon einmal teilzuhaben an der himmlischen Liturgie, die du einmal in alle Ewigkeit wirst feiern dürfen.

Ja, wenn du zurückblickst auf dein Leben, dann kannst du vielleicht ein wenig erahnen, wo und wie dich da Engel auf deinem Lebensweg immer wieder geführt haben, dir gedient haben, weil du doch das Heil ererben sollst. An den Taufstein geführt haben die Engel heute Morgen nun auch unsere fünf Brüder und Schwestern, dorthin, wo der Widersacher Jesu heute wieder eine entscheidende Niederlage erlitten hat, wo diese fünf  Geschwister ihm entrissen und in die Gemeinschaft mit ihrem Herrn und Heiland Jesus Christus aufgenommen worden sind. Bitten wir darum Christus, dass die heiligen Engel unsere Geschwister, ja, uns alle in dieser Gemeinschaft mit Christus halten, dass sie uns helfen, bei ihm zu bleiben und ihn nicht wieder zu verlassen! Und vertrauen wir dabei in allem IHM, Christus, allein! An ihn allein wollen wir glauben, an ihn, den Herrn aller himmlischen Heerscharen, den Herrn Zebaoth, unseren Herrn – und unseren Retter! Amen.