Geistliches Wort für die Monate Juli und August

Pfarrer Dr. MartensDas geistliche Wort für die Monate Juli und August von Pfarrer Dr. Gottfried Martens: "Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir." (Psalm 139,5 - Monatsspruch für Juli)

Vor einigen Wochen besichtigten wir mit den Teilnehmern unserer Jugendkreisfreizeit eine Ausstellung in der „Runden Ecke“, dem früheren Hauptquartier der Stasi in Leipzig. Sehr eindrücklich wurde uns dort vor Augen gestellt, mit was für Mitteln die Organe der Staatssicherheit versuchten, in das Privatleben der Bürger einzudringen: Von allen Seiten waren die Betroffenen von der Stasi umgeben, so stellten es viele von ihnen nach der „Wende“ fest, als sie Einsicht in ihre Stasi-Akten nehmen konnten. Von allen Seiten umgeben und beobachtet zu sein - das finden wir nicht schön, und so wehren sich auch jetzt wieder viele Menschen in unserem Land gegen Versuche des Staates, immer weiter in ihre Privatsphäre einzudringen. Nein, wir wollen nicht von allen Seiten umgeben sein; wir wollen irgendwo auch unbeobachtet, ganz allein für uns sein. Der staatlichen Beaufsichtigung mögen wir uns ein Stück weit entziehen können; doch Gott werden wir nicht los. Ob wir das schön finden oder nicht: Gott umgibt uns in der Tat von allen Seiten, 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Wir können Gott nicht aus unserem Leben aussperren, wir können ihn nicht weit weg von uns in den Himmel befördern, wir können ihm nicht bloß ein Reservat in unserem Leben einräumen, in dem wir uns dann mal mit ihm treffen, wenn uns das passt. Nein, Gott ist immer mit dabei - gerade auch dort, wo wir denken, das bekäme ja keiner mit, was wir gerade denken, sagen und tun. Wir mögen bei diesem Gedanken erschrecken - und das wäre auch gut so, wenn wir dies täten. Denn wir stehen eben immer wieder in der Gefahr, Gott in unserem Leben zu verharmlosen, zu tun, als könnten wir über unser Verhältnis zu Gott verfügen. Nein, Gott rückt uns nicht von der Pelle; er sieht und erkennt alles; vor ihm können wir keine Show abziehen, und erst recht können wir ihn nicht abschütteln. Er bleibt uns auf den Fersen, bis er uns einmal am Ende unseres Lebens endgültig stellen und mit dem konfrontieren wird, was er von uns weiß. Von daher haben wir nur eine einzige Chance: Ihn, Gott, dort anzutreffen, wo er uns nicht inkognito auf den Fersen sitzt, sondern wo er sich uns ganz offen zu erkennen gibt: Dort, wo ER in Seinem Wort zu uns spricht und uns fühlbar Seine Nähe erfahren lässt im Heiligen Mahl. Wenn Gott uns dort unsere Schuld vergibt, dann löscht ER in der Tat alle Aufzeichnungen aus unserem Leben, die ER bis dahin gemacht hat, und lässt uns noch einmal ganz von vorne beginnen. Ja, mehr noch: Wenn ER, der lebendige Gott, im Heiligen Mahl in uns Wohnung nimmt, dann ist der Gedanke an die Nähe Gottes für uns nicht mehr erschreckend, sondern zutiefst tröstlich: Der Gott, der uns von allen Seiten umgibt und Seine Hand über uns hält, ist dann nicht mehr der Verfolger-Gott, der Anklagematerial gegen uns sammelt, sondern der liebende Gott, der will, dass wir in Seiner Gemeinschaft leben und mit IHM verbunden bleiben, und der uns unter Seinen schützenden Händen zum Ziel unseres Lebens geleitet. Nein, diesen liebenden Gott finde ich nicht beim Sonntagsspaziergang im Grunewald; den finde ich nur dort, wo ER sich mit mir verabredet - in Seinem Wort und Sakrament. Und wenn ich IHN dort immer wieder antreffe, dann darf ich gewiss sein: ER umgibt mich an jedem Tag und zu jeder Stunde - was ich auch in meinem Leben erfahre: Es ist alles ein Zeichen Seiner Zuwendung zu mir. Nein, diesen Gott möchte ich nie mehr loswerden!