1. Die Kommunion (Teil 2)
Bei der Austeilung der Kommunion geht der Gemeindepastor, der in der Regel auch der Liturg ist, mit dem Leib des Herrn voran. Er kennt die Kommunikanten und weiß, wer zum Altarsakrament zugelassen ist und wer nicht. Dies kann er dann jeweils auch dem „Kelchdiakon“ signalisieren, der ihm mit der Austeilung des Blutes des Herrn folgt. So kommt es in unserer Gemeinde häufiger vor, dass Gäste an den Altar herantreten, die noch nicht getauft sind. Ihnen kann das Sakrament natürlich nicht gereicht werden, weil die Eingliederung in den Leib des Herrn in der Taufe die unabdingbare Voraussetzung für den Empfang des Leibes des Herrn im Heiligen Mahl darstellt. Von daher werden Nichtgetaufte am Altar gesegnet für den Weg, der sie zur Heiligen Taufe führen soll. Gesegnet werden am Altar auch die Kinder, die noch nicht die Erstkommunion empfangen haben. Es hat sich in den letzten Jahren in unserer Gemeinde zunehmend „eingebürgert“, dass Eltern gemeinsam mit ihren Kindern nach vorne zur Kommunion kommen. Dies ist gut und sinnvoll. Die Kinder werden mit dem Leib des Herrn gesegnet und üben zugleich von klein auf den Gang zum Tisch des Herrn ein. Was ihnen so von Kindheit an vertraut ist, werden sie dann auch hoffentlich ganz selbstverständlich weiter praktizieren, wenn sie größer werden.
Der Leiter der Sakramentsfeier und auch derjenige, der mit der Zulassung oder Nichtzulassung der Kommunikanten das Schlüsselamt ausübt, müssen natürlich ordiniert sein; es handelt sich hier um Kernfunktionen des Hirtenamtes, die nicht delegiert werden können. Dagegen ist für die Austeilung des Kelches keine Ordination nötig. Es handelt sich hier um einen Hilfsdienst, der nicht nur von Pastoren, sondern auch von Vikaren und grundsätzlich auch von Gemeindegliedern wahrgenommen werden kann. Wer diesen Dienst in einer Gemeinde konkret übernehmen soll und darf, hat natürlich die jeweilige Gemeinde zu entscheiden. Wenn Gemeindeglieder diesen Dienst übernehmen, müssen sie dafür natürlich entsprechend ausgebildet werden. Es ist angemessen, dass sie für diesen Dienst dann auch im Gottesdienst eingeführt und gesegnet werden und bei der Austeilung auch entsprechende liturgische Gewandung tragen, damit erkennbar wird, dass sie diesen Dienst nicht als Privatpersonen wahrnehmen. Erfahrungen aus anderen Kirchen zeigen, wie solche scheinbaren „Äußerlichkeiten“ eben doch Rückwirkungen haben auf die geistliche Haltung derer, die das Sakrament aus ihrer Hand empfangen.
Die Kommunikanten empfangen das Sakrament jeweils in Gruppen, sogenannten „Tischen“. Je nach Gestaltung des Altarraums in einzelnen Kirchen passen unterschiedlich viele Kommunikanten an einen solchen „Tisch“. Wenn man nicht die Praxis der „Wandelkommunion“ hat, wonach die Kommunikanten gleich nach dem Empfang des Kelches aufstehen und ihren Platz für den nächsten freimachen, ist es grundsätzlich sinnvoll, wenn mindestens acht bis zwölf Kommunikanten an solch einem „Tisch“ Platz finden, damit die Entlassungsworte für die einzelnen Kommunikanten nicht unnötig oft wiederholt werden müssen. Es ist angemessen und sinnvoll, wenn zu Beginn der Kommunionausteilung nicht gleich alle Kommunikanten nach vorne strömen und dort vor dem Altar einen großen „Pulk“ bilden, sondern wenn die Kommunikanten nacheinander nach vorne treten, sodass immer etwa ein weiterer „Tisch“ hinter den knienden Kommunikanten wartet. In manchen Gemeinden hat man die Praxis eingeführt, dass die Gemeindeglieder jeweils bankreihenweise nach vorne kommen und dazu jeweils von einem Kirchenvorsteher aufgefordert werden. Dies trägt einerseits sicher zu einer ruhigeren Austeilung bei; umgekehrt könnten sich dadurch aber auch Gottesdienstteilnehmer genötigt fühlen, nach vorne kommen zu müssen, auch wenn sie an diesem Sonntag aus irgendeinem Grunde gar nicht das Sakrament empfangen wollen. Dieses Problem sollte man nicht unterschätzen. Wenn die Austeilung für einen „Tisch“ beendet ist, sollten die nachfolgenden Kommunikanten den vorherigen erst einmal die Gelegenheit geben, in Ruhe vom Altar zurückzukehren, und dann erst selber nach vorne treten. Dabei sollte man immer besonders auf ältere und gehbehinderte Gemeindeglieder Acht haben, die nicht so schnell zum Altar treten können, damit es ihnen nicht so ähnlich geht wie dem Gelähmten am Teich Betesda: „Herr, ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich bringt; wenn ich aber hinkomme, so steigt ein anderer vor mir hinein.“ (St. Johannes 5,7) Gerade beim Hinzutreten zum Altar können wir mit unserem Verhalten deutlich machen, dass es im Heiligen Abendmahl nicht bloß um „mich und Jesus“ geht, sondern dass wir durch das Sakrament auch zu einer Gemeinschaft untereinander zusammengeschlossen werden, in der auf die Schwachen Rücksicht genommen wird. Es empfiehlt sich von daher, vor dem Hinzutreten zum Altar noch einmal zur Seite und gegebenenfalls auch hinter sich zu blicken. Nicht selten geschieht es, dass Gemeindeglieder aus Unsicherheit nicht bis zum nächsten Tisch warten wollen, sondern sich noch zwischen die knienden Kommunikanten am Altar drängeln. Dies ist für alle Beteiligten unschön und erschwert die Konzentration auf den Empfang der heiligen Gaben.
Über den Empfang der heiligen Gaben selber war schon in den vorhergehenden Glaubensinformationen einiges gesagt worden. Hingewiesen sei an dieser Stelle noch darauf, dass es gewiss nicht angemessen ist, mit einem Kaugummi im Mund den Leib und das Blut des Herrn zu empfangen. Ebenso ist es der Gabe des Sakraments nicht angemessen, sich gleich nach dem Trinken aus dem Kelch mit der Hand oder einem Taschentuch den Mund zu wischen. Wenn nötig, reicht es, mit der Zunge noch einmal über die Lippen zu gehen.
Am Ende der Austeilung an den jeweiligen „Tisch“ spricht der Liturg, also der Pastor, der die Sakramentsfeier leitet, die Entlassungsworte: „Der wahre Leib und das wahre Blut unseres Herrn Jesus Christus stärken und erhalten euch im wahren Glauben zum ewigen Leben.“ Auf diese Entlassungsworte antworten die am Altar knienden Kommunikanten (und nicht etwa nur der Pastor!): „Amen!“ und bringen damit zum Ausdruck, dass dieser Zuspruch auch ihnen gilt. Ebenso antworten die Kommunikanten danach noch einmal vernehmbar mit „Amen!“, wenn der Pastor spricht: „Gehet hin in Frieden!“ Dabei segnet der Pastor die Kommunikanten mit dem Kreuzeszeichen; dass dies auch ihnen gilt, können die Kommunikanten auch dadurch zum Ausdruck bringen, dass sie sich selber mit dem Kreuzeszeichen segnen. Danach erheben sich die Kommunikanten und gehen an ihren Platz zurück – nicht, ohne sich nicht vorher vor dem in den Gaben des Sakraments gegenwärtigen Christus noch einmal verneigt zu haben, wie sie dies bereits beim Hinzutreten zum Altar getan hatten. Es ist angemessen, dass die Kommunikanten nach der Rückkehr an ihren Platz zunächst im Knien oder Stehen ein Dankgebet für die Teilhabe am Sakrament sprechen und sich nicht einfach gleich in die Bank setzen, als sei gar nichts gewesen und als hätten sie nicht gerade den Herrn der Welt mit ihrem Mund empfangen.
Da bei größeren Sakramentsfeiern der Inhalt des Kelchs nicht für alle Kommunikanten reicht, muss der Pastor ihn nach einigen Tischen wieder neu mit Wein füllen und diesen nachkonsekrieren. Entsprechendes gilt für die Hostien, wenn mehr Kommunikanten zum Sakrament kommen, als sich zuvor angemeldet hatten und als der Liturg zuvor beim Abzählen der Hostien erwartet hatte. Da die Einsetzungsworte nicht bloß die Funktion haben, die Gemeinde an die Stiftung des Sakraments zu erinnern, sondern ganz konkret die Elemente segnen, über denen sie gesprochen werden, kann selbstverständlich auf die Nachkonsekration nicht verzichtet werden. Diese besteht praktisch darin, dass der Liturg über den jeweiligen Elementen, die er neu auf die Patene, den Hostienteller, gelegt hat bzw. in den Kelch gegossen hat, den entsprechenden Teil der Einsetzungsworte Christi spricht. So werden die Elemente in der Kraft der Worte Christi, was das Wort Christi selber sagt: Leib und Blut Christi.
Theoretisch könnte der Liturg natürlich auch die Vorratsgefäße auf dem Altar selber konsekrieren. In diesem Fall stellt er auch die Vorratsgefäße auf das „Corporale“ auf dem Altar; der Deckel der Kanne bzw. der Hostiendose werden geöffnet – nicht, weil die Worte Christi nicht auch durch den Deckel wirken könnten, sondern um der Gemeinde zu signalisieren, dass die Konsekration auch für diese Gefäße gilt. Die Konsekration der Vorratsgefäße ist jedoch nur bei sehr großen Sakramentsfeiern zu empfehlen, bei denen zugleich abzusehen ist, dass der Inhalt der Vorratsgefäße ebenfalls weitgehend verzehrt werden wird. Anderenfalls hat man das Problem, dass man größere Mengen der gesegneten Gaben übrigbehält, die dann anschließend verzehrt werden müssen. Üblicherweise lassen sich die Elemente bei den Sakramentsfeiern in unserer Gemeinde so gut „dosieren“, dass sie sich vom Liturgen am Ende ohne Probleme am Altar verzehren lassen. Nachdem der Liturg die „Relicta“ genannten übriggebliebenen Gaben gegessen und getrunken hat, wischt er den auf der Patene verbliebenen „Abrieb“ der Hostien in den Kelch und spült diesen mit Wasser oder nicht konsekriertem Wein aus. Anschließend wischt er den Kelch mit einem Tuch aus. Sollte einmal eine größere Menge an Relicta übrigbleiben, ist es auch möglich, sie nach dem Gottesdienst in der Sakristei zu verzehren; dazu kann der Pastor, wenn nötig, auch Gemeindeglieder hinzubitten, die zuvor bereits kommuniziert hatten. Anhand des sorgfältigen Umgangs mit den Relicta nehmen Gemeindeglieder oft besonders deutlich wahr, wie ernst es unsere lutherische Kirche mit ihrem Bekenntnis zur „Realpräsenz“ meint: Brot und Wein sind nicht nur im Augenblick des Empfangs mit dem Mund der Leib und das Blut des Herrn!