Altes Testament: Teil I: Die Geschichtsbücher.

Altes Testament: Teil I: Die Geschichtsbücher.

 

Im ersten Teil des Alten Testaments, den Geschichtsbüchern, wird die Geschichte des Volkes Israel, angefangen von der Erschaffung der Welt bis zur Zeit nach der Rückkehr aus dem Exil in Babylon berichtet. Einen Überblick über diese Geschichte haben Sie ja bereits im 2. Teil der diesjährigen Serie erhalten; dieser soll nun durch einige Informationen zu den einzelnen biblischen Büchern ergänzt werden:
 

1. Die Fünf Bücher Mose – die Torah
Die ersten fünf Bücher der Bibel, die wir in der lutherischen Kirche als die „Fünf Bücher Mose“ bezeichnen, gehören eng zusammen – so eng, daß sie im Judentum mit einem Wort, „Torah“, auf deutsch: Weisung, bezeichnet und zusammengefaßt werden. Eine durchgängige Geschichte läßt sich trotz vieler weiterer Einfügungen in diesen fünf Büchern erkennen: Gott erschafft den Menschen, doch der wendet sich von ihm ab, zerstört die Gemeinschaft, die Gott zwischen ihm und sich gestiftet hat. Daraufhin beginnt Gott mit der Menschheit noch einmal von vorne: Er beruft einen Menschen, Abraham, und gibt ihm sein Versprechen: „Ich will dich zum großen Volk machen ... und in dir sollen gesegnet sein alle Geschlechter auf Erden.“ (1. Mose 12,2+3) Und bald darauf, als Abraham auf Gottes Geheiß nach Kanaan gezogen ist, sagt Gott zu ihm: „All das Land, das du siehst, will ich dir und deinen Nachkommen geben für alle Zeit.“ (1. Mose 13,15) Im folgenden wird dann geschildert, wie Gott sein Versprechen einlöst:: Er schenkt Abraham einen Nachkommen, läßt aus ihm ein Volk entstehen, rettet dieses Volk aus der Sklaverei und führt es bis an die Grenzen des Gelobten Landes, wo Gott ganz am Schluß des Fünften Buch Mose dem Mose erklärt: „Dies ist das Land, von dem ich Abraham, Isaak und Jakob geschworen habe: Ich will es deinen Nachkommen geben.“ (5. Mose 34,4) Die Zusage der Nachkommenschaft und des Landes erfüllen sich also schon in diesen Büchern selber; die Zusage, daß in Abraham alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden und damit der Fluch aufgehoben wird, der seit der Abwendung der Menschen von Gott ganz am Anfang auf diesen liegt, erfüllt sich dann erst im Neuen Testament in dem Einen Nachkommen Abrahams, Jesus Christus.
 

1.1. Das Erste Buch Mose – Genesis
Im Ersten Buch Mose wird in den Kapiteln 1-11 die sogenannte „Urgeschichte“ geschildert: die Erschaffung der Welt, die im Unterschied etwa zu babylonischen Schöpfungsmythen nicht durch einen Götterkampf, sondern allein durch Gottes Wort geschieht, die Erschaffung des Menschen, der nicht bloß ein höher entwickeltes Tier, sondern Ebenbild Gottes ist, der sogenannte „Sündenfall“ – eine großartige Erzählung, in der auch wir uns in dem ersten Menschen Adam (auf deutsch: Mensch) wiedererkennen dürfen, der erste Mord (Kain an Abel), die Sintflut und der Turmbau zu Babel finden sich in diesen Kapiteln. Dann folgt in den Kapiteln 12-50 die sogenannte „Erzvätergeschichte“, die von Abraham, seinem Sohn Isaak, seinen Enkeln Esau und Jakob und dessen zwölf Kindern berichtet und die schließlich damit endet, daß ein Urenkel Abrahams, Joseph, die Übersiedlung der Großfamilie Jakobs nach Ägypten veranlaßt. Das Erste Buch Mose wird auch „Genesis“ genannt, auf deutsch: „Entstehung“, weil es die Entstehung der Welt und des Volkes Israel beschreibt.
 

1.2. Das Zweite Buch Mose – Exodus
Im Zweiten Buch Mose wird die Unterdrückung des Volkes Israel in Ägypten und der Aufstieg des Mose geschildert, der von Gott zum Befreier seines Volkes berufen wird. Im Zentrum des Zweiten Buches Mose steht der Auszug Israels aus Ägypten und die wunderbare Rettung des Volkes am Schilfmeer (2. Mose 12-15), die noch heute im Judentum jedes Jahr am Passafest gefeiert wird und derer auch die Kirche jedes Jahr in der Heiligen Osternacht gedenkt. Auf die Rettung am Schilfmeer folgt die Begegnung des Volkes mit Gott dem HERRN am Berg Sinai. Dort erhält das Volk die Zehn Gebote (2. Mose 20) und wird von Gott in seinen Bund aufgenommen, den es bald darauf mit der Anfertigung eines Goldenen Stierbildes aber wieder bricht. In der zweiten Hälfte des 2. Mosebuches beginnt eine umfangreiche Sammlung von Gesetzen ganz unterschiedlichen Charakters, die das Zusammenleben des Volkes und den Gottesdienst im Wüstenheiligtum, der „Stiftshütte“ regeln sollen. Das Zweite Buch Mose wird auch „Exodus“ genannt, auf deutsch: Auszug, weil der Auszug Israels aus Ägypten im Zentrum dieses Buches steht.
 

1.3. Das Dritte Buch Mose – Levitikus
Das Dritte Buch Mose gehört für uns zu den am schwersten zugänglichen Büchern des Alten Testaments: Es enthält Opfergesetze, Vorschriften für Priesterdienste und Reinigungsvorschriften. Im Neuen Testament schildert vor allem der Hebräerbrief, wie diese Vorschriften hinweisen auf das eine, ein für allemal ausreichende Opfer Jesu Christi am Kreuz. Im Mittelpunkt dieses Dritten Mosebuches steht das Gesetz über den Großen Versöhnungstag, den Jom Kippur, bei dem auf einen Bock, den „Sündenbock“, die ganzen Verfehlungen des Volkes durch die Handauflegung des Priesters übertragen wurden und dieser dann in die Wüste gejagt wurde, „daß also der Bock alle ihre Missetat auf sich nehme und in die Wildnis trage.“ (3. Mose 16,22) Im 3. Buch Mose findet sich auch die Gebotszusammenfassung: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (3. Mose 19,18) Das Dritte Mosebuch wird auch „Levitikus“ genannt, weil es in ihm wesentlich um Priesterdienste geht, die von Angehörigen des Stammes Levi ausgeführt wurden.
 

1.4. Das Vierte Buch Mose – Numeri
Im Vierten Buch Mose endet die große Gesetzessammlung, die im Zweiten Buch Mose begonnen hatte: Im 10. Kapitel wird geschildert, wie das Volk Israel vom Berg Sinai aufbricht und sich in Richtung des Gelobten Landes begibt. Der Weg dorthin ist jedoch gekennzeichnet durch ein ständiges Klagen und Rebellieren des Volkes, bis Gott schließlich entscheidet, das Volk als Strafe vierzig Jahre lang durch die Wüste ziehen zu lassen, bis die Generation, die immer wieder gegen Gott aufbegehrt hatte, gestorben sein würde. Das Buch endet mit der Schilderung erster militärischer Erfolge der Israeliten im Gebiet des Ostjordanlandes. Im Vierten Buch Mose findet sich der bekannte „Aaronitische Segen“ (4. Mose 6,24-26), mit dem die Gemeinde auch heute noch zum Schluß des Gottesdienstes gesegnet wird. Auch findet sich darin die schöne Geschichte von Bileam, der Gottes Volk verfluchen soll und es schließlich doch zum Entsetzen seiner „Auftraggeber“ reichlich segnet (4. Mose 22-24). Das Vierte Buch Mose wird auch „Numeri“, auf deutsch: Zahlen, genannt, weil es mit der Schilderung einer Zählung des Volkes beginnt und auch im weiteren immer wieder ausführliche Listen enthält.
 

1.5. Das Fünfte Buch Mose – Deuteronomium
Das Fünfte Buch Mose ist verfaßt in der Form einer langen Rede, die Mose vor dem Einzug des Volkes Israel ins Gelobte Land dem Volk gehalten hat. In dieser Rede erinnert Mose noch einmal an all das, was Gott für sein Volk bisher gesagt und getan hat, an seine Gesetze, seine Verheißungen und Warnungen, und ermahnt das Volk, diesen Worten Gottes treu zu bleiben. Vor allem warnt er davor, sich nun im Gelobten Land von den kanaanäischen Fruchtbarkeitskulten faszinieren zu lassen, statt bei dem einen Gott und dem einen Heiligtum Gottes zu bleiben. Abschließend stellt Mose damit sein Volk vor die Wahl zwischen Leben und Tod. Am Ende des 5. Mosebuches werden die Einsetzung Josuas als Nachfolger des Mose und der Tod des Mose beschrieben. Im 5. Mosebuch findet sich noch einmal die Auflistung der Zehn Gebote sowie das Glaubensbekenntnis Israels, das bis heute den Kern des jüdischen – und auch christlichen! – Glaubens darstellt: „Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR allein. Und du sollst den HERRN, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.“ (5. Mose 6,4+5) Das Fünfte Buch Mose wird auch „Deuteronomium“ genannt; dies bedeutet so viel wie „Zweite Ausgabe des Gesetzes“, da Mose in seiner Rede noch einmal ausführlich auf die Gesetzgebung am Sinai Bezug nimmt.
 

2. Die weiteren Geschichtsbücher – die „Vorderen Propheten“
Auf die fünf Bücher Mose folgen eine Reihe weiterer Bücher, die die Geschichte des Volkes Israel im Gelobten Land bis zum babylonischen Exil beschreiben. Später wurden diesen dann auch noch Berichte über die Zeit nach dem Exil hinzugefügt. Diese Geschichtsbücher werden im Judentum „Vordere Propheten“ genannt; damit wird zum Ausdruck gebracht, daß sich das Geschick des Volkes Israel in seiner weiteren Geschichte immer wieder daran entschied, wie es sich zu dem Wort Gottes verhielt, das ihm stets aufs neue ausgerichtet wurde.
 

2.1. Das Buch Josua
Im Buch Josua wird geschildert, wie das Volk Israel unter der Führung des Josua den Jordan, die Grenze zum Gelobten Land, überschreitet, das verheißene Land erobert und unter sich aufteilt. Damit erfüllt sich, was Gott Abraham einst versprochen hatte. Im ersten Teil des Buches wird vor allem die Eroberung des Gebietes des kleinen Stammes Benjamin geschildert. Besonders bekannt ist dabei die Beschreibung der Einnahme der Stadt Jericho: Nachdem zunächst Kundschafter die Stadt ausspioniert und dabei bei einer Prostituierten namens Rahab Unterschlupf gefunden hatten (Rahab heiratet später einen Israeliten und wird damit sogar eine Vorfahrin Jesu, wie das Matthäusevangelium berichtet), wird die Stadt schließlich dadurch erobert, daß das Volk in einer gottesdienstlichen Prozession um die Stadt herumzieht und die Mauern daraufhin einstürzen. Die Einnahme der weiteren Gebiete des Landes wird nur recht kurz dargestellt; ausführlicher ist die Schilderung der Landverteilung an die Stämme. Das Buch endet mit dem sogenannten „Landtag zu Sichem“, bei dem Josua das Volk noch einmal davor warnt, fremde Götter zu verehren und dabei selber Position bezieht: „Ich aber und mein Haus wollen dem HERRN dienen.“ (Jos 24,15)
 

2.2. Das Buch der Richter
Im Buch der Richter wird die Zeit zwischen der Eroberung des Gelobten Landes durch die Israeliten und der Einsetzung des ersten Königs über Israel beschrieben. Nach einer Einleitung, in der deutlich gemacht wird, daß sich die Israeliten in weiten Teilen des Landes wohl zunächst nur zwischen den Städten der Kanaaniter niederließen, die Städte selber aber nicht einnahmen und vielmehr in einer Koexistenz mit den Kanaanitern lebten, wird in Kapitel 2 die gesamte Richterzeit im Überblick theologisch gedeutet: Die Israeliten fingen an, den Fruchtbarkeitskult der Kanaaniter zu übernehmen und den Baal und die Astarten zu verehren. Daraufhin wurden israelitische Stämme von umliegenden Völkern bedroht, angegriffen und unterdrückt. Dies wird als Strafe Gottes gedeutet. Wenn sich dann die Israeliten zum HERRN bekehrten, schickte er ihnen charismatische Führungspersönlichkeiten, die ein wenig mißverständlich als „Richter“ bezeichnet werden und die spontan ein Freiwilligenheer aus den verschiedenen Stämmen zusammenriefen und führten und denen es mit der Unterstützung des HERRN gelang, die Feinde zu besiegen und zu vertreiben. Wenn diese einzelnen Richter dann jedoch starben, wandten sich die Israeliten wieder dem Fruchtbarkeitskult zu, und alles begann wieder von vorne. Zu den bekanntesten Richtern zählen Debora (eine Frau als Prophetin und Richterin!), Gideon und Simson, dessen ungeheure Körperkräfte erst schwanden, als eine Frau namens Delila ihm das Geheimnis seiner Kraft, seine Haarpracht, entlockte.. Das Richterbuch endet mit dem bezeichnenden Satz: „Zu der Zeit war kein König in Israel; jeder tat, was ihn recht dünkte.“ (Richter 21,25)
 

2.3. Das Erste Buch Samuel
Im Ersten Buch Samuel wird geschildert, wie Gott Israel noch einmal eine besondere Führungsfigur und in der Person des Richters und Propheten Samuel schenkt. Samuel muß sich auf Gottes Geheiß dem Willen des Volkes beugen, das einen König wie die umliegenden Völker haben will. Samuel warnt das Volk vor den Konsequenzen: Nun ist nicht mehr Gott allein der König des Volkes. Der erste von Samuel gesalbte König heißt Saul; dieser wird jedoch bald Gott ungehorsam und von ihm verworfen. Die zweite Hälfte des 1. Samuelbuches schildert dann den Aufstieg des jungen David, der noch als Kind von Samuel schon zur Regierungszeit Sauls auf Gottes Geheiß zum König gesalbt wird, durch seinen Sieg über den Riesen Goliath zu großem Ruhm gelangt (1. Samuel 17) und im folgenden von Saul als Konkurrent verfolgt wird, bis Saul schließlich im Kampf gegen die Philister stirbt. Aus der Geschichte von der Salbung Davids stammt auch die Jahreslosung dieses Jahres: „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an.“ (1. Samuel 16,13)
 

2.4. Das Zweite Buch Samuel
Im Zweiten Buch Samuel wird die Königszeit Davids geschildert: David wird zunächst König der südlichen Stämme Israels und später auch der übrigen Stämme: Er erobert Jerusalem und macht es zu seiner Hauptstadt. Seine Herrschaft ist sehr erfolgreich. Vom Propheten Nathan erhält er eine ganz besondere Verheißung: „Ich will dir einen Nachkommen erwecken, der von deinem Leibe kommen wird; dem will ich sein Königtum bestätigen. Der soll meinem Namen ein Haus bauen, und ich will seinen Königsthron bestätigen ewiglich.“ (2. Samuel 7,12-13) Die Hoffnung und das Warten auf diesen „Sohn Davids“ zieht sich durch das ganze Alte Testament hindurch und findet schließlich die Erfüllung in Jesus Christus. In Kapitel 11 und 12 wird dann aber auch das Versagen Davids geschildert, der Ehebruch mit einer Frau namens Batseba begeht und diesen Ehebruch dann auch noch durch einen Mord zu kaschieren versucht. Wenn David diese Schuld auch bekennt und Gottes Vergebung empfängt, muß er seitdem doch mit immer neuen Aufständen und Angriffen gegen seine Herrschaft fertig werden. Dennoch läßt Gott ihn nicht fallen.
 

2.5. Das Erste Buch der Könige
In der ersten Hälfte dieses Buches wird die Königsherrschaft Salomos geschildert, des Sohnes Davids. Beschrieben werden Salomos sprichwörtliche Weisheit, die in einem „salomonischen Urteil“ erkennbar wird (1. Könige 3,16-28), und der Bau des Tempels, der durch Salomo vollzogen wird. Die Zeit Salomos ist eine Friedenszeit, in der dieser jedoch immer mehr der Versuchung zur Prachtentfaltung erliegt; so umfaßt allein sein Harem 700 Hauptfrauen und 300 Nebenfrauen, die viele heidnische Kulte nach Jerusalem importieren. Unter Salomos Sohn Rehabeam fällt das Reich in zwei Teile auseinander: Im kleineren Südreich mit der Hauptstadt Jerusalem regieren weiterhin Könige aus der Dynastie Davids, während die zehn Stämme des Nordreichs sich einen eigenen König wählen, der auch neue, eigene Heiligtümer und in Dan und Bethel schafft, in denen Gott der HERR in der Form eines Stierbildes verehrt wird. In der Folgezeit putschen sich im Nordreich immer neue Könige an die Macht, die in ihrem Herrschaftsgebiet auch dem Baalskult Raum geben. Gegen diese Baalsverehrung wendet sich im Nordreich vor allem der Prophet Elia, von dessen Kampf gegen den König Ahab und seine Frau Isebel die Kapitel 17-22 berichten. Dort finden sich auch die schönen Geschichten von dem Gottesurteil auf dem Karmel (1. Könige 18) und von Nabots Weinberg (1. Könige 21).
 

2.6. Das Zweite Buch der Könige
Im ersten Teil des Zweiten Königebuches wird zunächst die Wirksamkeit des Nachfolgers Elias namens Elisa beschrieben, der zahlreiche Wunder vollbringt. Darauf folgt eine Schilderung der weiteren Geschichte der beiden Reiche, die einen ersten Abschluß in der Eroberung des Nordreichs durch die Assyrer im Jahr 721 findet: Die zehn Stämme des Nordreichs werden verschleppt und verschwinden im Völkergemisch des Zweistromlandes für immer. Das Südreich Juda lernt aus diesem Gericht Gottes über den Abfall der zehn Stämme des Nordreichs von ihm, dem HERRN, nur begrenzt: Zunächst wird Jerusalem noch wunderbar aus der Belagerung durch die Assyrer errettet; es folgen dann jedoch Könige, die den heidnischen Kulten auch in Jerusalem weiten Raum geben. Nachdem der „Reformkönig“ Josia, der in Jerusalem eine religiöse Reformation mit einer Rückkehr zu Gottes Geboten durchgeführt hatte, im Kampf gegen die Ägypter fällt, vollzieht sich der Zusammenbruch des Südreiches schnell: In zwei Schritten deportieren die Babylonier zunächst die Oberschicht und dann auch weitere Teile der Bevölkerung nach Babylon und zerstören schließlich im Jahr 587 die Stadt Jerusalem völlig. Die Verfasser des Zweiten Königebuches schildern diesen Untergang Jerusalems als gerechte Strafe Gottes für den Abfall des Volkes von Gott dem HERRN: „Aber das geschah Juda nach dem Wort des HERRN.“ (2. Könige 24,3)
 

2.7. Das Erste und Zweite Buch der Chronik
Im Ersten und Zweiten Buch der Chronik (die in der hebräischen Bibel  wie auch Esra und Nehemia unter die „Lehrbücher“ und nicht unter die „Vorderen Propheten“ gezählt werden) wird die Geschichte Israels noch einmal theologisch gedeutet: Nachdem die Geschichte von Adam bis Saul zunächst allein in der Form von Stammbäumen erfaßt wird, rücken im weiteren die Person Davids und die Person Salomos stark in den Mittelpunkt: Ein besonderes Interesse haben die Chronikbücher am Tempelbau und am Tempelgottesdienst und an der Durchführung aller möglicher Feste; auch spielen Priester und Leviten in ihnen eine besondere Rolle. Nach der Teilung des Reiches wird nur noch die Geschichte des Südreiches Juda berichtet. Im Unterschied zu den Königebüchern enden die Chronikbücher mit dem Edikt des Perserkönigs Kyros, der nach der Eroberung Babylons den Israeliten die Rückkehr in ihre Heimat gestattet und den Neubau des Tempels anordnet.
 

2.8. Das Buch Esra
Das Buch Esra schließt sich unmittelbar an die Chronikbücher an; die ersten Verse des Esrabuches sind mit den letzten Versen des 2. Chronikbuches identisch. Im ersten Teil des Esrabuches wird die Rückkehr der Israeliten aus Babylon nach dem Jahr 537 und der Wiederaufbau des Tempels, der sich unter großen Schwierigkeiten vollzog, geschildert. Im zweiten Teil des Esrabuches wird dargestellt, wie der persische König Artaxerxes im Jahr 458 den Juden Esra nach Jerusalem sendet und damit eine zweite Rückkehrwelle nach Jerusalem initiiert. In Jerusalem veranlaßt Esra die Auflösung der Mischehen zwischen Juden und Nichtjuden, um auf diese Weise eine religiöse Überfremdung des Judentums in Jerusalem und Umgebung zu verhindern. Bezeichnend für das Esrabuch ist die Bedeutung, die dem persischen Großkönig zugemessen wird: Er bestimmt den Lebensraum der jüdischen Religionsgemeinschaft und ergreift die Initiativen zu ihrer Förderung.
 

2.9. Das Buch Nehemia
Das Buch Nehemia ist ein Ich-Bericht eines Juden namens Nehemia, der als Mundschenk des persischen Königs im Jahr 445 die Erlaubnis erhält, nach Jerusalem zu reisen und dort beim Wiederaufbau der Stadtmauern zu helfen, der bisher immer wieder am Widerstand der umliegenden Bevölkerung gescheitert war. Nehemia gelingt dieses Vorhaben; auch führt er ebenso wie Esra religiöse Reformen durch. In den Kapiteln 8-10 findet sich ein weiterer Bericht über die Wirksamkeit Esras, der wohl eigentlich in das Esrabuch gehört: Esra verliest das Gesetz des Mose und löst damit beim Volk allgemeine Buße aus. Daraufhin tröstet Esra das Volk mit den schönen Worten: „Seid nicht bekümmert; denn die Freude am HERRN ist eure Stärke.“ (Neh 8,10)

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