Ich glaube, daß Christus auferstanden ist und lebt.

Ich glaube, daß Christus auferstanden ist und lebt.

 

„Ein Grab, das leer war; Erzählungen von jemand, der nach seinem gewaltsamen Tod seinen Freunden erschien, mit ihnen redete, ihnen Mut machte; Berichte von seiner Auferstehung und über seine Himmelfahrt. Sind das historische Tatsachen oder eher Bilder der Hoffnung? Ich halte letzteres für glaubwürdiger.“ – So offen brachte in diesem Jahr zu Ostern ein evangelischer Pfarrer aus Berlin in seinem Gemeindebrief zum Ausdruck, was er unter der Auferstehung Jesu versteht. Mit dieser Auffassung steht er natürlich nicht allein da. Schon seit Jahr-zehnten wird Studenten der evangelischen Theologie an deutschen Universitäten beigebracht, die Behauptung, Jesus sei nach seinem Tod leibhaftig auferstanden, könne man einem modernen Menschen heute nicht mehr zumuten. Die Rede von der Auferstehung Jesu müsse man vielmehr als ein „Interpretament“ verstehen, also als einen bildhaften Ausdruck dafür, daß die Worte und Gedanken Jesu auch nach seinem Tod weiterwirkten oder daß es sich lohnt, auf Gott zu vertrauen. In diesem Sinne können dann viele Pfarrer und Theologen auch heute davon reden und predigen, daß Jesus auferstanden ist, obwohl sie zugleich davon überzeugt sind, daß das Grab Jesu am Ostermorgen in Wirklichkeit nicht leer war.

Solche Gedanken lagen dem Apostel Paulus fern, wenn er damals an die Gemeinde in Korinth schrieb: „Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsere Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.“ (1. Korinther 15,14.19.20) Für Paulus hängt an dem Geschehen der leibhaften Auferstehung Jesu die ganze christliche Verkündigung, ja der christliche Glaube überhaupt. Und er muß es wissen: Schließlich ist ihm der auferstandene Christus selber begegnet. So leitet uns der Apostel dazu an, die Auferstehung Jesu als das Herzstück unseres christlichen Glaubens wahrzunehmen und zu betrachten.


1. Die Auferstehung Jesu ist etwas schlechthin Einmaliges und Neues.
Berichte von der Rückkehr von Menschen aus dem Bereich des Todes gibt es viele. Jesus selber hat Menschen, die bereits gestorben waren, wieder zum Leben erweckt, und Ähnliches wird auch von den Aposteln berichtet. Auf einer ganz anderen Ebene erregten vor einiger Zeit die Bücher des Amerikaners Raymond Moody Aufsehen, der Menschen interviewt hatte, die klinisch tot gewesen waren, und sie nach ihren Erfahrungen befragt hatte. Immer wieder berichteten die Interviewten, wie sie gleichsam durch einen Tunnel hindurch sich auf ein helles Licht zubewegt hätten, dann aber schließlich zu ihrem Bedauern doch zurück in dieses irdische Leben geschickt worden seien. Mit all diesen Berichten und Erfahrungen läßt sich die Auferstehung Jesu nicht vergleichen. Denn all diejenigen, die auf welche Weise auch immer in dieses irdische Leben zurückgeholt worden waren, mußten schließlich früher oder später doch sterben; ihr neu geschenktes Leben blieb doch endlich.

Die Auferstehung Jesu hingegen war etwas ganz anderes als die Reanimation einer Leiche. Die Verfasser des Neuen Testaments beschreiben sie vielmehr als den Beginn der Auferstehung der Toten am Ende dieser Welt. Von daher ist die Auferstehung Jesu etwas schlechthin Einmaliges und Neues: Mit seiner Auferstehung kehrt Jesus nicht in seine bisherige irdische Existenzform zurück, sondern er überschreitet mit seiner Auferstehung als erster die Grenze zur neuen Welt Gottes, die nicht mehr den Bedingungen von Raum und Zeit unterworfen ist. Im Bilde gesprochen: Die Auferstehung Jesu ist keine Rückkehr, sondern ein entscheidender Sprung nach vorn. Oder noch einmal anders ausgedrückt: Mit der Auferstehung Jesu ist es so ähnlich wie mit einer langen Schlange, die sich vor einem Museum bereits einige Zeit vor dessen Öffnung gebildet hat: Wenn schließlich die Tür aufgeht und der erste hindurchtritt, ist das auch das Signal für die, die noch draußen warten: Auch wir werden später durch diese Tür hindurchgehen. In diesem Sinne ist Christus, wie Paulus es formuliert, „der Erstling unter denen, die entschlafen sind“.

Dieser auferstandene Christus ist allerdings natürlich derselbe Christus, der als Mensch geboren und ans Kreuz genagelt wurde. In dem auferstandenen Christus lebt nicht einfach bloß „etwas“ von dem „irdischen“ Christus weiter, sondern er ist es selber, in der Einheit von Leib und Seele, der aufersteht. Der Gedanke, daß Jesus auferstehen könnte, während sein Leib im Grab bleibt, ist dem Neuen Testament fremd. Es legt vielmehr großen Wert auf die Leiblichkeit des Auferstandenen, der von seinen Jüngern berührt werden konnte, ja mit ihnen gemeinsam auch ganz irdische Speise zu sich nehmen konnte (vgl. Joh 20,27; Lk 24,39-43).


2. Für das Geschehen der Auferstehung Jesu gibt es gute Argumente.
Natürlich gibt es für das Geschehen der Auferstehung Jesu keine „Beweise“. Kein historisches Ereignis der Vergangenheit läßt sich streng genommen beweisen, denn beweisen kann man etwas nur, wenn man es in einem Labor unter identischen Bedingungen beliebig oft reproduzieren kann. Dies kann man von der Auferstehung Jesu selbstverständlich ebensowenig behaupten wie etwa vom Leben Julius Cäsars. Daß Julius Cäsar gelebt hat, kann man ebensowenig beweisen wie dies, daß Jesus auferstanden ist. In beiden Fällen sind wir auf Zeugen und Indizien angewiesen; wir können nur überlegen, ob uns die Zeugen glaubwürdig und die Indizien plausibel erscheinen. Beides läßt sich von der Auferstehung Jesu behaupten.

Die Augenzeugen des auferstandenen Christus sind dazu bereit gewesen, für ihre Behauptung, daß Jesus wahrhaftig auferstanden sei, sich umbringen zu lassen; viele von ihnen – Paulus benennt insgesamt über 500! – haben, soweit uns bekannt ist, tatsächlich den Märtyrertod erlitten. Hätten sie selber gewußt, daß sie mit der Behauptung der Auferstehung Jesu nur einen großen Betrug inszenierten, so wären sie dafür wohl kaum selber in den Tod gegangen. Und daß die Jünger mit ihrer Verkündigung der Auferstehung Jesu nicht nur einen Wunschtraum propagierten, zeigt das Beispiel des einstigen Christenverfolgers Paulus sehr eindrücklich: Der hatte sich ganz gewiß nicht gewünscht, daß der, dessen Anhänger er verfolgte, tatsächlich auferstanden sei.

Daneben gibt es auch andere Indizien, auf die wir in Diskussionen um die Auferstehung Jesu verweisen können: So ist bezeichnend, daß auch die Gegner Jesu seinen Leichnam nach Ostern nicht vorweisen konnten – so gerne sie dies auch getan hätten. Daß das Grab Jesu leer war, wurde von keiner Seite bestritten; umstritten war nur, wie dies zu deuten sei. Schon von daher verbietet es sich, die Verkündigung der Jünger bloß auf irgendwelche Halluzinationen zurückzuführen; man hätte sie dann sehr einfach vom Gegenteil überzeugen können. Und auch die immer wieder gerne vorgebrachte These, wonach Jesus, als er ins Grab gelegt wurde, gar nicht richtig tot gewesen sei, erweist sich bei näherem Hinsehen als nicht haltbar, und zwar schon aus ganz praktischen Gründen: Wie sollte ein fast zu Tode Gefolterter, der von oben bis unten in Leinenbinden eingewickelt war, aus einem Grab entkommen, vor dessen Eingang ein schwerer Rollstein lag, der sich aus verständlichen Gründen nur von außen wegrollen ließ? Auch widersprechen alle Beschreibungen des Auferstandenen dem Bild eines Schwer-verletzten, der allmählich wieder zu Kräften kam. Und würde es wirklich der Verkündigung des irdischen Jesus entsprechen, wenn er jetzt am Ende vor seinen Jüngern eine große „Show“ abzöge, bevor er sich spurlos aus dem Staub machte? Natürlich ist und bleibt der Glaube an den auferstandenen Christus ein Geschenk, das uns nicht verfügbar ist. Wer aber das Geschehen der Auferstehung Jesu bestreitet, sollte zumindest eine schlüssigere Erklärung vorweisen können. Dies dürfte jedoch schwerfallen.


3. Die Auferstehung Jesu hat Auswirkungen auf uns.
Die Auferstehung Jesu ist nicht bloß ein sensationelles Ereignis, das vor 2000 Jahren geschehen ist und nur die Person Jesu selber betrifft. Dann könnte sie höchstens unsere Neugier erregen und befriedigen und bräuchte uns weiter nicht zu interessieren. Doch wenn wir als Christen die Auferstehung Jesu zu Ostern und an jedem Auferstehungstag, an jedem Sonntag, als das wichtigste Geschehen unseres Glaubens feiern, so tun wir dies, weil dieses Geschehen direkte Auswirkungen hat auch auf uns. Als der Auferstandene ist Christus in der Mitte seiner Gemeinde selber gegenwärtig und läßt sie seine Präsenz in Wort und Sakrament erfahren. Der Gottesdienst ist nicht bloß eine Erinnerungsfeier an eine bedeutende historische Persönlichkeit, sondern er ist die Audienz des auferstandenen Herrn selber, der nun nicht mehr an Raum und Zeit gebunden ist. Die Taufe ist keine Namensgebungszeremonie, sondern in ihr wird der Täufling ganz konkret mit dem auferstandenen Christus verbunden und erhält Anteil an seinem unzerstörbaren Auferstehungsleben. Und das Heilige Abendmahl ist nicht nur ein Gedächtnismahl; sondern weil Christus auferstanden ist, kann er seine Zusage erfüllen, daß er im Brot und Wein dieses Mahles selber mit seinem Leib und Blut gegenwärtig ist, macht er dadurch unseren vergänglichen Leib zu seiner Wohnung. Und weil Christus auferstanden ist, müssen wir uns auch bei der Beerdigung eines Christen nicht mit „Bildern der Hoffnung“ begnügen, sondern dürfen davon sprechen, daß kraft der Taufe auch dieser Leib, den wir in die Erde legen, einmal auferstehen wird, wie dies auch bei Christus der Fall gewesen ist. Von daher hängt für unseren Glauben an der Realität der Auferstehung Jesu wirklich alles.