Ich glaube an den Heiligen Geist.

Ich glaube an den Heiligen Geist.

 

Daß das Bekenntnis „Ich glaube an den Heiligen Geist“ ein Grundbekenntnis des christlichen Glaubens ist, können viele Christen für sich selber schwerlich nachvollziehen, selbst wenn sie es Sonntag für Sonntag im Gottesdienst mitsprechen mögen. Um so wichtiger ist es, daß wir uns klarmachen, was wir mit diesen Worten eigentlich glauben und bekennen:

1. Wer ist der Heilige Geist?
Das Wort „Geist“ wird im Deutschen in ganz verschiedenen Zusammenhängen gebraucht. Es kann das denkende und wollende Bewußtsein des Menschen umschreiben, das, was ihn über sein natürliches Sein hinaushebt. Was dieser menschliche Geist hervorbringt, kann sich entwickeln; entsprechend redet man auch von einer „Geistesgeschichte“. „Geist“ kann aber auch so etwas wie eine Stimmung, eine zwischenmenschliche Atmosphäre beschreiben, wenn man von einer „begeisterten Stimmung“ oder davon redet, daß irgendwo ein „guter Geist“ herrscht, oder wenn man etwa vom „Geist von Camp David“ spricht. Schließlich gibt es auch noch so etwas wie Geisterbahnen und Geisterbeschwörungen, meinen wir mit diesen Geistern unsichtbare Wesen, die sich mitunter sehr plötzlich zu erkennen geben und einen erschrecken. Mit all dem hat der Heilige Geist nichts zu tun. Der Heilige Geist ist kein Gespenst, und an Ihn kommt man auch nicht mit spiritistischen Sitzungen heran. Der Heilige Geist ist auch kein gutes Gefühl; Er läßt sich im Gegenteil gerade nicht fühlen. Und der Heilige Geist ist auch nicht in unserem Gehirn angesiedelt und entwickelt sich von daher auch nicht im Lauf der Zeit weiter. Christus selber macht vielmehr deutlich: Der Heilige Geist ist selber eine Person – eine Person, die nicht dem Bereich des Geschaffenen, sondern dem Bereich Gottes zugehört, ja die selber Gott ist. Als „Tröster“ oder „Rechtsanwalt“, der von Gott dem Vater zu uns gesandt ist, bezeichnet Christus Ihn. Der Heilige Geist ist also unser Beistand, der uns zum Glauben hilft und uns selber glauben und aussprechen läßt, was wir von uns aus niemals könnten. Wie ein Rechtsanwalt seinen Mandanten vertritt, so vertritt uns der Heilige Geist vor Gott: „Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich’s gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen.“ (Römer 8,26) Entsprechend können wir uns mit unseren Gebeten an den Heiligen Geist wenden und Ihn um Sein Kommen und Seine Hilfe bitten, wie wir dies in den Pfingstliedern der Kirche ja auch tun.

Daß der Heilige Geist selber wie Gott der Vater und wie Jesus Christus Person und selber Gott ist und wir dennoch nicht an drei Götter, sondern nur an einen Gott glauben, übersteigt natürlich unser menschliches Vorstellungsvermögen. Es handelt sich dabei nicht um eine Idee, die sich irgendwelche Theologen einmal ausgedacht haben; sondern wir glauben an den dreieinigen Gott, weil Christus selber uns Gott so vorgestellt und zu erkennen gegeben hat. Wir können über Gott eben nur so viel aussagen, wie Er uns von sich gezeigt und offenbart hat; alles Weitere wäre bloße Spekulation. Andererseits dürfte es durchaus nachvollziehbar sein, daß Gott in Seinem Wesen unser menschliches Denken übersteigt: Was wäre das für ein kleiner Gott, den wir mit unserem menschlichen Geist erfassen könnten? Selbst viele Phänomene in den Elementarstrukturen unserer Welt, die die moderne Naturwissenschaft entdeckt hat, lassen sich mit unserem logischen Denken nur begrenzt erfassen – wie sollten wir da den mit unserem Verstand begreifen können, der dies alles geschaffen hat?

Der Heilige Geist wird in der Heiligen Schrift jedoch nicht nur als handelnde Person beschrieben, sondern zugleich auch als Gabe und Geschenk von Gott. Beides schließt sich nicht aus: Auch wenn der Heilige Geist uns von Gott geschenkt wird, wird Er für uns nicht zu einem „Besitz“, über den wir verfügen können; Er bleibt auch als Gabe Gottes „der Herr, der Heilige Geist“, wie er in unserem Nizänischen Glaubensbekenntnis genannt wird.


2. Was bewirkt der Heilige Geist?
Es gibt auch in bestimmten christlichen Kreisen die Vorstellung, wonach man den Heiligen Geist fühlen und spüren kann, weil dieser im Menschen bestimmte Glücksgefühle oder ekstatische Phänomene hervorruft. Dagegen spricht der Apostel Paulus vom Heiligen Geist sehr viel nüchterner: Er macht deutlich, daß der Heilige Geist zunächst und vor allem den Glauben an Christus und das Bekenntnis zu Ihm bewirkt: „Niemand kann Jesus den Herrn nennen außer durch den heiligen Geist.“ (1.Korinther 12,3) Das Bekenntnis zu Jesus Christus als unserem Herrn ist also nicht etwas, worauf jeder Mensch mit etwas Nachdenken und gutem Willen auch selber kommen kann. Vielmehr formuliert Martin Luther in seinem Kleinen Katechismus sehr treffend: „Ich glaube, daß ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten.“ Wie Menschen dies für sich erleben, daß sie zu Christus kommen, kann dabei sehr unterschiedlich sein; auf die Art des Erlebens kommt es auch nicht an. Es gibt Menschen, die durch die Botschaft von Jesus Christus so etwas wie eine plötzliche, spontane Lebenswende erfahren haben, die mit einem Mal erkannt haben, was Jesus Christus für sie und ihr Leben bedeutet. Andere sind vielleicht von Kindheit an in den Glauben an Jesus Christus hineingewachsen und haben nie irgendeinen besonderen Bruch in ihrem Leben erfahren. Wieder andere sind vielleicht zunächst eher oberflächlich mit dem christlichen Glauben in Berührung gekommen und haben dann erst später, nach einer ganzen Weile, erfahren und gemerkt, wie das Evangelium auch sie geprägt und verändert hat und ihnen nun doch ganz wichtig geworden ist, was sie zunächst nur aus einem gewissen Abstand wahrgenommen hatten. Das Wirken des Heiligen Geistes kann sich in der Lebensgeschichte von Menschen also ganz unterschiedlich widerspiegeln; doch immer wieder führt es zum Bekenntnis zu Jesus Christus, unserem Herrn. Und dieser Glaube wirkt sich dann auch weiter aus im Leben eines Christen, so stellt es uns der Apostel Paulus vor Augen. Die größten Gaben und Wirkungen des Heiligen Geistes bestehen dabei nicht darin, daß ein Mensch feurige Reden über den christlichen Glauben halten kann oder immer fröhlich und vergnügt ist. Sondern die größte Gabe des Heiligen Geistes ist die Liebe, die ganz nüchterne Zuwendung zum Nächsten in der christlichen Gemeinde und darüber hinaus. Der Heilige Geist zeigt sich also nicht zuerst und vor allem in spektakulären Phänomenen, sondern er bewirkt die Bereitschaft, in der Gemeinde den anderen auch ganz unauffällig zu dienen, sich aus dieser Gemeinschaft nicht auszuklinken und nur das zu tun, was einem selber Spaß macht, und Er wirkt die Geduld, mit der man das trägt, was Gott einem im Leben auferlegt.


3. Wie bekommen wir den Heiligen Geist?
Wenn wir ohne den Heiligen Geist nicht an Christus glauben können, dann ist es dringend nötig zu wissen, wo und wie wir diesen Heiligen Geist bekommen können. Schließlich geht es in unserem Glauben an Christus um nicht weniger als um unsere Rettung, wenn wir uns einmal vor Gott werden verantworten müssen.

Wir bekommen den Heiligen Geist nicht, wenn wir uns zu Hause unsere eigenen Gedanken über Gott machen oder über Ihn meditieren, und wir bekommen Ihn auch nicht, wenn wir sonntags morgens einen Spaziergang durch den Wald machen und uns dabei Gott ganz nahe fühlen. Sondern wir bekommen den Heiligen Geist nur dort, wo Christus Ihn uns selber versprochen und zugesagt hat: Wir bekommen Ihn zunächst einmal in der Heiligen Taufe; wir bekommen Ihn, wenn wir das Wort Gottes im Gottesdienst hören und es zu Hause in der täglichen Andacht lesen; wir bekommen Ihn, wenn uns in der Heiligen Beichte die Sünden vergeben werden und wenn wir im Heiligen Mahl den Leib und das Blut des Herrn empfangen. Das sind die „Gnadenmittel“, wie die Kirche diese „Steckdosen des Heiligen Geistes“ nennt. Darum ist es für uns als Christen entscheidend wichtig, daß wir von diesen Gnadenmitteln Gebrauch machen, ganz konkret im Gottesdienst. Denn Gott selbst hat das Wirken Seines Geistes an diese Mittel gebunden. Wir werden also nicht „direkt von oben“ durch den Heiligen Geist inspiriert; und wenn jemand meint, der Heilige Geist habe ihm dieses oder jenes gesagt oder gezeigt, dann möge er dies bitte am Wort der Heiligen Schrift überprüfen, das durch den Heiligen Geist gewirkt ist. Denn sonst besteht die Gefahr, daß wir unseren eigenen menschlichen Geist mit dem Heiligen Geist verwechseln. Und nur der allein leitet uns in alle Wahrheit, indem Er uns immer wieder auf Christus verweist und den Glauben an Ihn wirkt. Suchen und finden wir den Heiligen Geist darum nicht in unseren Gefühlen, sondern allein in Gottes Wort und Sakrament.